Welchen Urlaubsanspruch haben GmbH-Geschäftsführer? Denn auch als Geschäftsführer müssen Sie mal Urlaub machen. Allerdings haben Sie als Geschäftsführer keinen Urlaubsanspruch aus dem Bundesurlaubsgesetz. Dieses gilt nur für Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, nicht jedoch auch für Organmitglieder.
Urlaubsanspruch aus der Treupflicht der GmbH
Gleichwohl ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass sich aus der Treuepflicht der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer ein Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Urlaubs ergibt. Unklar ist allerdings, was als „angemessen“ gilt. Nach meiner Auffassung können Sie sich hierbei an den Urlaubsanspruch der Mitarbeiter Ihrer GmbH orientieren.
Urlaubsanspruch nach EU-Recht
Außerdem ergibt sich auch aus dem EU-Recht ein Urlaubsanspruch für Geschäftsführer von mindestens 4 Wochen. Maßgeblich ist die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.
Nach Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen erhält. Nach Absatz 2 darf der bezahlte Mindesturlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.
Der EuGH hat wiederholt festgestellt, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie weit auszulegen ist (EuGH, Urteil v. 03.05.2012, C-33//10). Ferner ist der Begriff „Arbeitnehmer“ unionsrechtlich weit auszulegen. Als Arbeitnehmer ist jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt. Das wesentliche Merkmal besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, Urteil v. 03.05.2012, C-33//10). Der EuGH hatte bereits im Zusammenhang mit der Abberufung einer schwangeren Geschäftsführerin klar gestellt, dass auch das Organ einer Kapitalgesellschaft die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts besitzt. Dies gilt unabhängig davon, ob nach dem Recht des Mitgliedsstaats eine engerer Arbeitnehmerbegriff besteht (EuGH, 11.11.2010, C232/09 – Danosa).
Demnach können Sie sich auch als Geschäftsführer auf die EU-Richtlinie berufen, wonach Sie Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub von 20 Tagen haben.
Urlaubsabgeltung im bestehenden Geschäftsführerdienstverhältnis
Sollten Sie Ihren Urlaub aus betrieblichen Gründen im laufenden Kalenderjahr nicht nehmen können, wandelt sich Ihr Urlaubsansanspruch automatisch ohne weiteres Zutun der Parteien in ein Abgeltungsanspruch um. Dies stellte der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung v. 26.10.2006 (Az.: I B 28/06) heraus. Auch das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs des Geschäftsführers in Betracht kommt, wenn der Umfang der geleisteten Arbeit und die Verantwortung für das Unternehmen die Gewährung von Freizeit im Urlaubsjahr ausgeschlossen haben (OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.12.1999, 6 U 11/99).
Allerdings dürfte die bisherige Rechtsprechung gegen die EU-Richtlinie verstoßen, wonach eine Abgeltung des (Mindest-)Urlaubsanspruchs nur bei Beendigung des Dienstverhältnisses möglich ist.
Da Sie als Geschäftsführer im Streitfall darlegen und beweisen müssen, dass Sie den Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht nehmen konnten, sollten Sie dies anhand der Auftragslage, Engpässen, Mitarbeiterausfällen usw. möglichst dokumentieren
Tipp von Sebastian Trabhardt, Anwalt für Arbeitsrecht
Urlaubsabgeltung wegen Beendigung des Geschäftsführervertrages
Der EuGH hat wiederholt entschieden, dass sich der bezahlte Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch umwandelt, wenn dieser wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden konnte (zuletzt Urteil v. 12.06.2014, C-118/13). Dadurch soll verhindert werden, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub selbst in finanzieller Form, vorenthalten wird, so die EU-Richter.
Die Entscheidungen des EuGH betrafen zwar nur Fälle, in denen der Arbeitnehmer aufgrund langanhaltender Krankheit den Urlaub nicht nehmen konnte. Gleiches muss aber m.E. auch dann gelten, wenn der Urlaub aus betrieblichen Gründen bis zum Ende des Dienstverhältnisses nicht genommen werden konnte.
Von der Rechtsprechung wurde bisher ebenfalls die Auffassung vertreten, dass auch ohne ausdrückliche Regelung im Geschäftsführervertrag der Urlaubsanspruch abzugelten ist, wenn die Gewährung von Freizeit wegen Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags nicht mehr möglich ist oder der Umfang der geleisteten Arbeit und die Verantwortung für das Unternehmen die Gewährung von Freizeit im Urlaubsjahr ausgeschlossen haben (BGH, Urteil v. 03.12.1992, BGH LM Nr. 5 zu § 35 GmbHG; OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.12.1999, 6 U 11/99).
Treffen Sie klare Regelungen zum Urlaubsanspruch Geschäftsführer
Um Streitigkeiten um Grund und Höhe des Urlaubsanspruchs als Geschäftsführer zu vermeiden, sollten Sie im Geschäftsführervertrag klare Regelungen zum Urlaubsanspruch und zur Abgeltung treffen.
Ebenso sollten Sie im Geschäftsführervertrag regeln, wer Sie im Urlaub vertritt. Eine solche Regelung ist für Sie von besonderem Interesse, weil nach überwiegender Ansicht der Geschäftsführer ohne die Klärung einer geeigneten Urlaubsvertretung nicht in den Urlaub fahren darf.
Beschäftigt Ihre GmbH mehrere Geschäftsführer sollte geregelt werden, dass sich die Mitgeschäftsführer bei der Urlaubsplanung abzustimmen und während des Urlaubs gegenseitig zu vetreten haben.