Wie Sie eine Zielvereinbarung formulieren: Zielvereinbarungssysteme sind das wichtigste Führungsinstrument. Das Erreichen der Ziele ist das Schlüsselkriterium für jeden Unternehmenserfolg. Da ist es wichtig, dass Sie als Führungskraft den Zielvereinbarungsprozess, aber auch die arbeitsrechtlichen Anforderungen an eine Zielvereinbarung genau kennen.
Zielvereinbarung formulieren
Viel zu häufig werden Zielvereinbarungen mit nebulösen Floskeln abgeschlossen, die rechtlich wenig nützen. Meist liegen nur Rahmenvereinbarungen vor, die sehr knapp und unbestimmt gehalten sind.
Dabei wird schon dann von einer Zielvereinbarung gesprochen, wenn die Ziele gar nicht zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter wirklich vereinbart werden, sondern vom Arbeitgeber einseitig vorgeben werden. Eine einseitige Zielvorgabe durch den Arbeitgeber ist durchaus zulässig, sie müssen sich aber im Rahmen des Direktionsrechts halten und „billigem Ermessen“ nach § 315 BGB entsprechen. Die Zielvorgabe muss also auch die Interessen des Mitarbeiters ausreichend berücksichtigen und darf nicht unerreichbar sein.
Werden die Ziele hingegen einvernehmlich festgelegt, handelt es sich um eine individuelle Entgeltvereinbarung, die keiner Billigkeits- oder richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt (BAG, Urteil v. 12.12.2007, 10 AZR 97/07). Bei der Auslegung kommt es darauf an, was die Vertragsparteien gewollt haben.
Die SMART-Formel
Vor Abschluss einer Zielvereinbarung sollten Sie darauf achten, dass die Ziele nicht einseitig von Ihrem Arbeitgeber vorgegeben werden, sondern mit Ihnen einvernehmlich ausgehandelt werden. Eine gute Zielvereinbarung beinhaltet Ziele, die nach der so genannten SMART-Formel vereinbart wurden:
S wie spezifisch.
Die Formulierung von Zielen ist eine große Herausforderung. Üblich ist ein Mix aus Unternehmenszielen und persönlichen Zielen. Da Sie auf die Erreichung der persönlichen Ziele einen größeren Einfluss haben, sollte der Anteil der persönlichen Ziele nach Möglichkeit mehr als 50% betragen. Allerdings lassen sich größere Unternehmen selten auf einer Änderung ihrer Zielvorgaben oder Zielvereinbarungen ein. Wichtig ist, dass möglichst spezifische Ziele, also Ergebnisse beschrieben werden und nicht reine Aufgaben. Wie Sie dann das Ziel erreichen, ist Ihnen überlassen.
M wie messbar.
Die Zielerreichung muss messbar sein. In der Praxis entstehen häufig Konflikte darüber, ob die Ziele von der Führungskraft erreicht wurden. Dies liegt aber meist daran, dass es im Vorfeld versäumt wurde, Indikatoren zu bestimmen, anhand derer später eindeutig festgestellt werden kann, ob das Ziel erreicht wurde oder nicht. Da die Zielerreichung meist in Prozenten ausgerückt wird, muss auch der Grad, also zu wie viel Prozent das Ziel erreicht wurde, erkennbar sein.
Sollte Streit darüber bestehen, ob Sie die Ziele und damit die volle zusätzliche Vergütung erreicht haben, setzen Sie sich mit mir in Verbindung. Ich berate Sie, wie Sie am Besten weiter vorgehen und Ihren Bonus durchsetzen.
A wie anspruchsvoll.
Die Ziele dürfen aus juristischer Sicht durchaus anspruchsvoll sein, da Sie durch das Ziel zu höheren Leistungen motiviert werden sollen, wofür Sie eine zusätzliche Vergütung erhalten.
R wie realistisch.
Achten Sie aber darauf, dass das Ziel gleichwohl realistisch bleibt, also prinzipiell erreichbar ist. Hat Ihnen Ihr Arbeitgeber ein nicht erreichbares Ziel vorgegeben, macht er sich schadensersatzpflichtig und muss Ihnen den Bonus gleichwohl zahlen (vgl. unten). Haben Sie hingegen im Rahmen einer echten Zielvereinbarung dem Ziel selbst zugestimmt, müssen Sie an das vereinbarte Ziel festhalten lassen. Die Nichterreichung haben Sie dann selbst zu vertreten. Sollten die Ziele hingegen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen – etwa wegen der bestehenden Wirtschafts- und Finanzkrise – nicht mehr erreichbar sein, sollten Sie auf eine Anpassung der Ziele bestehen.
T wie terminiert.
Das Ziel muss schließlich terminiert sein. Nur eine klare Terminierung erlaubt eine Prüfung der Zielerreichung. Es können auch Zwischenziele vereinbart werden.
Was Sie tun können, wenn keine Zielvereinbarung geschlossen oder keine Ziele vorgegeben wurden
Nicht selten kommt es vor, dass entgegen der vertraglichen Vereinbarung keine Ziele vereinbart oder Ziele nicht vorgegeben werden.
Arbeitgeber macht sich schadensersatzpflichtig
Dies kann eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellen, die dazu führt, dass Ihr Arbeitgeber den entgangenen Bonus als Schadensersatz zu ersetzen hat (BAG, Urteil v. 12.12.2007, 10 AZR 97/07). Hierbei kommt es aber darauf an, warum die Zielvereinbarung nicht zustande gekommen ist, wer also die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Zielvorgabe versus Zielvereinbarung
Dabei ist wiederum zwischen einseitiger Zielvorgabe und Zielvereinbarung zu unterscheiden. Bei der Zielvorgabe gibt Ihr Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts die Ziele einseitig vor. Folglich muss auch nur er die Initiative ergreifen. Ist Ihr Arbeitgeber untätig geblieben, ist die fehlende Zielerreichung von Ihnen zu vertreten und Ihr Arbeitgeber macht sich daher schadensersatzpflichtig.
Bei einer Zielvereinbarung bedarf es hingegen Ihrer Mitwirkung. Ihr Arbeitgeber kann die Ziele nicht einseitig festlegen. Wie bei der Zielvorgabe obliegt jedoch zunächst Ihrem Arbeitgeber die Initiative, zu Beginn eines Geschäftsjahres oder der Performance-Periode, mit Ihnen ein Gespräch über eine Zielvereinbarung zu führen. Das Bundesarbeitsgericht stellt dazu klar, dass der Arbeitgeber seinen arbeitsvertraglichen Pflichten zum Zustandekommen einer Zielvereinbarung nachkommt, wenn er dem Mitarbeiter Ziele vorschlägt, die dieser hätte erreichen können (BAG, Urteil v. 1.12.2008, 10 AZR 889/07). Die Beweislast für die Erreichbarkeit der Ziele liegt dabei bei Ihrem Arbeitgeber.
Kommt Ihr Arbeitgeber dem nicht nach, ist von Ihnen bei einer echten Zielvereinbarung zu erwarten, dass Sie nun die Initiative ergreifen. Sie müssen zwar keine möglichen Ziele nennen, erforderlich ist aber, dass Sie Ihren Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zielvereinbarung auffordern. Unterlassen Sie diese Aufforderung, ist Ihnen ein Mitverschulden anzulasten. Aus Beweisgründen sollten Sie Ihren Arbeitgeber daher immer schriftlich auffordern.
Kommt eine Einigung über die Ziele hingegen nicht zu Stande, weil Ihr Arbeitgeber die Ziele so hoch ansetzt, dass sie von vornherein nicht erreicht werden können, hat er das Nichtzustandekommen der Zielvereinbarung ebenfalls zu vertreten und macht sich schadensersatzpflichtig. Das Bundesarbeitsgericht führte hierzu aus, dass sich der Arbeitgeber der zugesagten Bonuszahlung nicht dadurch entziehen darf, dass er von dem Arbeitnehmer Unmögliches verlangt und nur bereit ist, Ziele zu vereinbaren, die kein Arbeitnehmer erreichen kann (BAG, Urteil v. 12.12.2007, 10 AZR 97/07).
Die Höhe des entgangenen Bonus kann dann durch das Gericht geschätzt werden. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hat Ihr Arbeitgeber darzutun und gegebenenfalls zu beweisen (vgl. BAG, a.a.O.), was schwierig werden dürfte. Auf vergangene Performance-Perioden, in denen Sie die Ziele nicht erreicht haben, kann er sich dabei nicht stützen. Aus der Vergangenheit kann aus Sicht das BAG keine Prognose für die Zukunft geschlossen werden.
Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsmöglichkeit
Die Bonusregelung im Arbeitsvertrag bringt Ihnen wenig, wenn Ihr Arbeitgeber ihn einseitig einfach wieder streichen kann. Ein solches Recht kann sich der Arbeitgeber mit einem sogenannten Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalt einräumen.
Mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber verhindern, dass Sie einen Rechtsanspruch auf die Leistung haben. Er kann dann jedes Jahr neu entscheiden, ob er Ihnen den Bonus gewähren will. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist aber nur bei Jahressonderzahlungen möglich, nicht hingegen bei der monatlichen Vergütung.
Mit einem Widerrufsvorbehalt, kann Ihr Arbeitgeber auch eine monatliche zusätzliche Leistung einseitig für die Zukunft widerrufen. Ein solcher Widerrufsvorbehalt muss jedoch klar und verständlich sein, insbesondere müssen in der Widerrufsklausel die Gründe für den Widerruf genannt werden. Bei Vergütungsbestandteilen darf die widerrufliche Leistung zudem nicht mehr als 25 bis 30% der Gesamtvergütung ausmachen (BAG, Urteil v. 1.1.2005, 5 AZR 364/04). Als Widerrufsgründe kommen in Betracht: wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers, wirtschaftliche Notlage des Unternehmens, negatives wirtschaftliches Ergebnis der Betriebsabteilung oder des Betriebes, Gewinnrückgang bzw. ein Nichterreichen der erwarteten wirtschaftlichen Entwicklung, eine unterdurchschnittliche Leistung des Arbeitnehmers oder schwerwiegende Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers.
Häufig sind die Klauseln in den Arbeitsverträgen zu unbestimmt, etwa wenn sich Ihr Arbeitgeber vorbehalten hat, die Leistung jederzeit widerrufen zu können oder die Gründe nicht genügend spezifiziert.
Ebenso kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber einen Freiwilligkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt verbinden. Eine solche Kombination kann hingegen nicht wirksam vereinbart werden, weil dies widersprüchlich wäre. Denn der Widerruf einer Leistung setzt voraus, dass ein Anspruch besteht, während der Freiwiligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Rechtsanspruchs gerade verhindern will. Eine Klausel, die beides enthält ist unwirksam (BAG. Urteil v. 30.7.2008, 10 AZR 606/07).
Ebenso ist es widersprüchlich, wenn sich Ihr Arbeitgeber in einer Vertragsklausel zu einer Bonuszahlung verpflichtet („Darüber hinaus erhalten Sie einen leistungsabhängigen Bonus in Höhe von …“) und in einer anderen Vertragsklausel dazu einen Rechtsanspruch ausschließt. Dies wäre ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot, Vertragsklauseln klar und verständlich zu formulieren (BAG, Urteil v. 24.10.2007, 10 AZR 825/06). Dies führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Bonusregelung, sondern nur zur Unwirksamkeit des Freiwilligkeitsvorbehalts.