Befristeter Arbeitsvertrag: Wann bei Projektarbeit Kettenbefristungen unwirksam sind!
Fach- und Führungskräfte in Unternehmen mit öffentlich-rechtlichen Auftraggebern werden häufig nur für bestimmte Projekte auf Zeit eingestellt. Nicht selten wird der befristete Arbeitsvertrag immer wieder neu über Jahre hinweg verlängert. Mandanten von mir haben über 9 Jahre lang in einem befristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet, das mehrfach verlängert wurde. Doch für Sie als Fach- und Führungskraft ist dies eine große psychische Belastung. Sie schwanken ständig zwischen der Hoffnung, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden und der Angst, dass Ihr befristeter Arbeitsvertrag diesmal nicht verlängert wird.
Befristeter Arbeitsvertrag nicht immer wirksam
Eine Überprüfung des befristeten Arbeitsvertrages kann sich lohnen. Denn ist die Befristung unwirksam, gilt das Arbeitsverhältnis für unbestimmte Zeit fort. Geregelt ist dies im Teilzeit– und Befristungsgesetz (TzBfG). Danach kann ein Arbeitgeber den Arbeitsvertrag befristet abschließen und immer wieder befristet verlängern, wenn für die Befristung ein sogenannter Sachgrund vorliegt. Doch nicht immer liegt ein Sachgrund vor. Hierbei kommt es auf die letzte Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages an.
Projektarbeit als Sachgrund
Sachgrund kann beispielsweise ein projektbedingter erhöhter Personalbedarf (Projektarbeit) sein, der die Befristung des Arbeitsvertrages eines projektbezogenen Mitarbeiters rechtfertigt. Dies setzt einen vorübergehenden Mehrbedarf an Arbeitskräften voraus. Der Arbeitgeber müsste hierzu im Streitfall konkret darlegen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses des letzten verlängerten befristeten Arbeitsvertrages mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, dass für die weitere Beschäftigung über das vereinbarte Vertragsende hinaus kein Bedarf bestand.
Der vorübergehende Bedarf ist zu unterscheiden von der regelmäßig gegebenen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs. Die allgemeine Unsicherheit über bestehende Beschäftigungsmöglichkeiten gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers und rechtfertigt einen befristeten Arbeitsvertrag nicht. Der Arbeitgeber kann sich somit nicht allein auf die zeitliche Befristung eines Auftrags stützen, da er damit das unternehmerische Risiko auf Sie als Arbeitnehmer abwälzen würde.
Zur sachlichen Rechtfertigung einer Befristung kann sich der Arbeitgeber daher nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des zeitlichen Projekts zu bewältigenden Aufgaben um Zusatzaufgaben handelt, die von den sonst üblichen Daueraufgaben abgrenzbar sind (BAG, Urteil v. 07.11.2007, 7 AZR 484/06). Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen eines von ihm verfolgten Betriebszwecks dauerhaft wahrnimmt. Aus diesen Gründen stellt z.B. die Übernahme eines Bauwerks für ein Bauunternehmen kein Projekt dar, weil die Erbringung von Bauleistungen zu dem Betriebszweck des Bauunternehmens gehört.
Drittmittelfinanzierung begründet noch keine Projektarbeit
Für das Vorliegen eines Projekts soll allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sprechen, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der Projektarbeit von einem Dritten finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, wie es bei öffentlich-rechtlichen Auftraggebern der Fall ist.
Meines Erachtens darf jedoch nicht allein auf die Drittmittelfinanzierung abgestellt werden. Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 26.01.2012 (C-586/10) darauf hingewiesen, dass auch immer Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, um bei Kettenbefristungen einen Missbrauch zu vermeiden. Wenn man zur Abgrenzung zwischen Daueraufgaben und begrenzter Projektarbeit generell die Drittfinanzierung ausreichen lassen würde, würde dies gerade in Unternehmen, bei der die Projektarbeit Daueraufgabe ist, zu kurz greifen.
Gerade in vielen Forschungs- und Projektentwicklungsunternehmen wird der Betriebszweck weit überwiegend durch drittfinanzierte Projekte getragen. Die Projektarbeit ist quasi die Daueraufgabe der Gesellschaft, wenn es keine sonstigen, von den Projekten abgrenzbare, Daueraufgaben gibt. Der Betriebszweck ist somit durch die Drittmittelfinanzierung bedingt. Wenn die Drittmittelfinanzierung bereits betriebszweckimmanent ist, kann sie nicht zugleich als Indiz für eine Abgrenzung von vorübergehenden Mehrbedarf und Daueraufgabe dienen (so auch ArbG Bonn, Urteil v. 23.05.2013, 3 Ca 144/13).
Arbeitgeber muss Sachgrund beweisen
Im Ergebnis hängt die Entscheidung, ob die Befristung des Arbeitsvertrages sachlich gerechtfertigt ist, davon ab, ob und wie gut der Arbeitgeber sonstige Argumente dafür findet, warum es sich bei Ihrer Tätigkeit doch nur um einen vorübergehenden Beschäftigungsmehrbedarf handelt. Dies wäre etwa der Fall, wenn Sie ein Projekt betreuen, das zusätzlich aufgenommen wurde oder für das spezielle Kenntnisse benötigt werden, die weder bisher vorhanden waren noch künftig benötigt werden.
Gelingt es Ihrem Arbeitgeber nicht, solche Angaben begründet darzulegen, geht dies zu seinen Lasten. Denn vor Gericht muss immer der Arbeitgeber den Befristungsgrund darlegen und beweisen. Der befristete Arbeitsvertrag ist dann unwirksam und Ihr Arbeitsverhältnis besteht dann unbefristet fort.
Was Sie tun können
Lassen Sie Ihren befristeten Arbeitsvertrag prüfen. Sie erhalten so eine Einschätzung, ob es sich lohnt, gegen die Befristung vorzugehen. Sie können dann zum Ende des befristeten Arbeitsvertrages mit Ihrem Arbeitgeber über eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnisses erst einmal verhandeln.
Sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber keine einvernehmliche Einigung über ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erzielen, können Sie Unwirksamkeit der Befristung gerichtlich feststellen lassen.
Hierzu müssen Sie spätestens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende eine sogenannte Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht einreichen. Zusätzlich müssen Sie auch Ihre Arbeitskraft gegenüber Ihrem Arbeitgeber ausdrücklich anbieten, um ihn in Annahmeverzug zu setzen. Damit muss er Ihnen am Ende die Gehälter nachzahlen, wenn Sie vor Gericht Recht bekommen.
Tipp von Sebastian Trabhardt, Anwalt für Arbeitsrecht
Sollte Ihnen Ihr Arbeitgeber vor Ablauf der Befristung einen neuen befristen Vertrag anbieten, ist Vorsicht geboten.
Wenn Sie diesen annehmen, können Sie sich nicht mehr auf die Unwirksamkeit des jetzigen Vertrages berufen. Das gegebenenfalls unbefristete Arbeitsverhältnis wird durch den neuen befristeten Vertrag aufgehoben. Sie müssten dann die neue Befristung rechtlich angreifen. Ihr Arbeitgeber könnte sich dann unter Umständen noch auf einen neuen Befristungsgrund berufen, etwa zur Vertretung eines Mitarbeiters, wenn dieser aktuell vorliegen sollte.
In diesem Fall können Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung treffen, wonach Ihnen das Recht vorbehalten bleibt, die Wirksamkeit der im vorherigen Vertrag enthaltenen Befristung gerichtlich überprüfen zu lassen. Ein einseitig von Ihnen erklärter Verzicht genügt jedoch nicht.