Wie Sie in der privaten Krankenversicherung bleiben können, wenn Sie während oder nach der Elternzeit in Teilzeit arbeiten.
Viele meiner Mandanten möchten während der Elternzeit in Teilzeit arbeiten und auch danach in Teilzeit weiterarbeiten. Mit der Reduzierung der Arbeitszeit, reduziert sich auch das Gehalt entsprechend. Folge ist, dass privat Krankenversicherte unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze rutschen und versicherungspflichtig werden.
Jahresarbeitsentgeltgrenze
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresentgeltgrenze übersteigt, sind versicherungsfrei (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Die Jahresarbeitsentgeltgrenze legt somit fest, ab welchem Gehalt Sie nicht mehr versicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung sind und in eine private Krankenversicherung wechseln können. Sie wird im allgemeinen Sprachgebrauch als Versicherungspflichtgrenze bezeichnet.
Die Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) liegt 2024 bei 69.300 Euro (oder monatlich 5.775,00 Euro).
Besondere Versicherungspflichtgrenze
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. Januar 2003 wegen Überschreiten der damaligen Versicherungspflichtgrenze privat krankenversichert waren, gilt eine besondere Versicherungspflichtgrenze, von derzeit . Wenn Sie schon vor dem 01.01.2003 wegen Überschreitens der damaligen Versicherungspflichtgrenze versicherungsfrei waren, gilt für Sie eine ermäßigte Jahresarbeitsentgeltgrenze von derzeit 62.100 Euro (5.175,00 Euro monatlich).
Bis zum 31. Dezember 2002 waren Beitragsbemessungs- und Versicherungspflichtgrenze gleich hoch. Zum 1. Januar 2003 wurde die Versicherungspflichtgrenze erhöht und von der Beitragsbemessungsgrenze abgekoppelt. Dadurch wären einige privat versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer versicherungspflichtig geworden, nämlich diejenigen, deren Einkommen zwar über der alten, aber unter der neuen Versicherungspflichtgrenze lag. Als Bestandsschutz für diese Gruppe führte der Gesetzgeber die besondere Versicherungspflichtgrenze ein.
Für die Frage, ob Ihr Einkommen die Versicherungspflichtgrenze überschreitet, zählt nicht nur Ihr monatliches Gehalt, sondern auch alle einmalig gezahlten Leistungen wie ein 13. Monatsgehalt, Weihnachts- und Urlaubsgeld oder Boni.
Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird (§ 6 Abs. 4 SGB V).
Befreiung von der Krankenversicherungspflicht während und nach der Elternzeit
Teilzeit während der Elternzeit
Sofern Sie während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit aufnehmen und Ihr Teilzeitgehalt unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, werden Sie krankenversicherungspflichtig und müssten in die gesetzliche Krankenversicherung zurück. Da im Gesetz keine Regelung enthalten ist, zu wann bei Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze die Versicherungspflicht eintritt, ist von einem sofortigen Wiedereintritt der Versicherungspflicht auszugehen (BSG, Urteil v. 29.06.1993, 12 RK 48/91).
Um weiter in der privaten Krankenversicherung während der Teilzeit in der Elternzeit bleiben zu können, können Sie sich von der Krankenversicherungspflicht während der Elternteilzeit befreien lassen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht ist für die Dauer der Teilzeit in der Elternzeit beschränkt.
Teilzeit nach der Elternzeit
Weiter können Sie sich von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien lassen, wenn Sie nach der Elternzeit in Teilzeit weiter arbeiten (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 SGB V). Voraussetzungen hierfür sind, dass Sie
- Ihre Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter Ihres Betriebes herabsetzen
- bei einer Vollbeschäftigung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei wären und
- Sie mindestens seit 5 Jahren die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten haben.
Herabsetzung der wöchentlichen Arbeitszeit
Eine Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht kommt nur in Betracht, Ihre wöchentliche Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszelt vergleichbarer vollbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebes herabgesetzt wird.
Nicht erforderlich ist, dass Ihre bisherige individuelle Wochenarbeitszeit um mindestens die Hälfte reduziert wird. Auch wenn Sie bisher schon in Teilzeit (z.B. mit wöchentlich 35 Stunden) tätig waren und Ihre Arbeitszeit nun auf z.B. 19 Stunden in der Woche reduzieren, steht Ihnen ein Befreiungsrecht zu. Entscheidend ist, welche betriebsübliche oder tarifliche Wochenarbeitszeit für vergleichbare Arbeitnehmer mit gleicher Qualifikation und in vergleichbarer Stellung in Ihrem Betrieb gilt, die in Vollzeit arbeiten. Insofern kommt es nicht darauf an, wie viel Stunden Sie vorher gearbeitet haben. Diese betriebsübliche Vollzeitarbeit müssen Sie um mindestens 50% reduzieren.
Beispiel: Betriebsübliche Arbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer beträgt 37,5 Wochenstunden
Die Teitzeitarbeit muss mindestens auf 18,75 Stunden oder weniger reduziert werden. Dies gilt auch dann, wenn Sie vorher 40 Stunden pro Woche gearbeitet haben. Eine Reduzierung auf 20 Stunden pro Woche würde nicht ausreichen, um sich von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen zu können. Sie dürfen somit nicht mehr als Hälfte der Vollzeitarbeit vergleichbarer Arbeitnehmer arbeiten
Teilzeit bei einem anderen Arbeitgeber
Die Befreiungsmöglichkeit besteht auch für Beschäftigte, die im Anschluss an ihr bisheriges Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber ein Beschäftigungsverhältnis unter den vorgenannten Kriterien aufnehmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V). Die Arbeitszeit bei dem neuen Arbeitgeber muss dann nach Maßgabe der regelmäßigen Wochenarbeitszeit im Ausgangsbetrieb auf die Hälfte oder weniger reduziert werden (SG München, Urteil v. 01.02.2021, S / KR 1472/20).
Kann die vereinbarte Beschäftigung nach den Kriterien des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nur deshalb nicht unmittelbar nach Beendigung der bisherigen Beschäftigung aufgenommen werden, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist, an einer Rehabilitationsmaßnahme teilnimmt oder arbeitslos ist, dann gilt der Anschluss als gewahrt, wenn der Arbeitnehmer die Beschäftigung unmittelbar nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, der Rehabilitationsmaßnahme oder der Arbeitslosigkeit aufnimmt (SG München, Urteil v. 01.02.2021, S / KR 1472/20).
Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze
Ferner ist für die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht Voraussetzung, dass Ihr Gehalt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegen würde, wenn Sie die Tätigkeit nach der Elternzeit in Vollzeit ausüben würden.
5 Jahre Versicherungsfreiheit
Schließlich können Sie sich nur dann von der Krankenversicherungspflicht nur befreien lassen, wenn Sie bereits mehr als fünf Jahren über der Jahresarbeitsentgeltgrenze verdient haben und damit versicherungsfrei sind. Ihre Elternzeit wird dabei auf die fünf Jahre angerechnet, so dass hier keine Lücke entsteht. Die Berechnung der Fünf-Jahres-Frist wird vom Beginn der Teilzeitbeschäftigung an zurück gerechnet.
Nicht erforderlich ist, dass durchgehend ein Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bestanden hat. Ein Wechsel des Arbeitgebers berührt den Anspruch auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht dann nicht, wenn sich die Beschäftigungen nach den Kriterien des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V nahtlos aneinander anschließen. Der zwischenzeitliche Bezug von Arbeitslosengeld schließt eine Befreiung von der Krankenversicherungspflicht nicht aus (SG München, Urteil v. 01.02.2021, S / KR 1427/20).
Teilzeit nach Pflegezeit oder Familienpflegezeit
Die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht gilt übrigens nicht nur im Anschluss an die Elternzeit, sondern auch für eine Teilzeit nach der Pflegezeit oder Familienpflegezeit.
Antrag auf Befreiung bei der Krankenkasse stellen
Für die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht während der Elternzeit oder Teilzeit müssen Sie einen Antrag bei Ihrer gesetzlichen Krankenkasse stellen, bei der Sie zuletzt (also vor Ihrer privaten Krankenversicherung) versichert waren. Wenn Sie zu keinem Zeitpunkt gesetzlich versichert waren, können Sie sich eine gesetzliche Krankenkasse aussuchen, bei der Sie den Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht stellen.
Den Antrag müssen Sie innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht, also mit Beginn der Teilzeitbeschäftigung, stellen. Die Befreiung wirkt rückwirkend vom Beginn der Versicherungspflicht an, wenn Sie seit diesem Zeitpunkt noch keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen haben, sonst vom Beginn der Kalendermonats an, der auf die Antragstellung folgt.
Da die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht während der Teilzeit in der Elternzeit nur für die Dauer der Elternzeit beschränkt ist, müssen Sie für eine Teilzeit nach der Elternzeit einen neuen Antrag bei Ihrer Krankenkasse stellen.
Die Befreiung wird nur wirksam, wenn Sie das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung nachweisen (§ 8 Abs. 2 SGB V). Fügen Sie daher Ihren Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht eine Kopie Ihrer privaten Krankenversicherungspolice bei.
Hinweis: Kein Widerruf möglich
Beachten Sie, dass Sie die Befreiung von der Versicherungspflicht später nicht widerrufen können. Sie können dann nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung zurück. Dies gilt zumindest solange die Teilzeitbeschäftigung andauert.
Ebenso ist für privat Krankenversicherte eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung nach Vollendung des 55. Lebensjahrs grundsätzlich ausgeschlossen. Sie sollten sich daher diesen Schritt gut überlegen.
Alternative: Anwartschaftsversicherung
Sofern Sie sich während der Teilzeit in der Elternzeit nicht von der Krankenversicherungspflicht befreien lassen möchten, können Sie alternativ auch mit Ihrer privaten Krankenversicherung eine Anwartschaftsversicherung abschließen. Sie sichern sich damit das Recht, später ohne neue Gesundheitsprüfung und gegebenenfalls zu dem bisherigen Tarif wieder in die private Krankenversicherung wechseln können, wenn Sie die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit wieder erfüllen. Zudem bleiben Ihre bei der privaten Krankenversicherung angefallenen Rückstellungen für das Alter erhalten. Diesbezüglich sollten Sie sich von Ihrer privaten Krankenversicherung beraten lassen.
Musterantrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht
- Einen Musterantrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht während der Teilzeit in Elternzeit, finden Sie in dem nebenstehenden Antrag auf Teilzeit in Elternzeit.
- Einen Musterantrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht wegen Teilzeit (nach der Elternzeit), finden Sie in dem nebenstehenden Antrag auf Teilzeit nach der Elternzeit.