Eine Kündigung ist oft mit Unsicherheiten verbunden. Eine der drängendsten Fragen vieler Arbeitnehmer lautet: „Darf ich nach einer Kündigung sofort bei einem Konkurrenzunternehmen arbeiten oder mich in derselben Branche selbstständig machen?“ Die Antwort darauf hängt davon ab, ob ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde. In diesem Beitrag erklären wir, welche Regeln für Sie nach einer Kündigung gelten und worauf Sie unbedingt achten sollten.
Inhalt
Was ist ein Wettbewerbsverbot?
Während eines Arbeitsverhältnisses sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, ihre Arbeitskraft vollständig ihrem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Daneben treffen Arbeitnehmer als Nebenpflicht auch bestimmte Treue- und Loyalitätspflichten gegenüber dem Arbeitgeber. Das bedeutet auch, dass sie für kein Konkurrenzunternehmen tätig werden oder Kunden abwerben dürfen. Dieses Wettbewerbsverbot muss während des laufenden Arbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt werden, sondern es gelten hier die gesetzlichen Regelungen des § 60 HGB ergänzend zum Arbeitsvertrag.
Doch was passiert nach einer Kündigung? Besteht dann weiterhin ein Wettbewerbsverbot?
Wettbewerbsverbot nach Kündigung: Bin ich weiterhin eingeschränkt?
Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet gleichzeitig die Pflicht des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung. Sie können zu einem Konkurrenzunternehmen wechseln oder sich in der gleichen Branche Ihres Arbeitgebers selbstständig machen. Hierbei dürfen Sie auch im vorherigen Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen einsetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers eindringen (BAG, Urteil v. 19.05.1998, 9 AZR 394/97).
Grenzen ergeben sich aus geschützten Rechtsgütern des Arbeitgebers, also z.B. durch Patente oder geschütztes geistiges Eigentum. Ferner dürfen Sie auch keine Daten, Unterlagen oder andere Aufzeichnungen Ihres Arbeitgebers zurückbehalten und für eigene oder fremde Zwecke nutzen.
ABER: Will Ihr Arbeitgeber Sie vom Wettbewerb nach einer Kündigung abhalten, so kann er dies nur über ein zuvor vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot erreichen.
Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verbietet Ihnen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Wettbewerb zu Ihrem Arbeitgeber zu treten. Dies ist in der Gewerbeordnung (§ 110 GewO) und im Handelsgesetzbuch (§§ 74 ff. HGB) näher geregelt. Die Vorschriften über das Wettbewerbsverbot finden auf alle Arbeitnehmer Anwendung.
Auf Organ-Geschäftsführer finden die Vorschriften der §§ 74 HGB jedoch keine Anwendung. Gleichwohl ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einem Geschäftsführer grundsätzlich zulässig. Es kann jedoch nichtig sei, wenn es zu weit gefasst ist (BGH, v. 26.03.1984, II ZR 229/83).
Zu Ihrem Schutz muss Ihr Arbeitgeber strenge Wirksamkeitsvoraussetzungen einhalten. Denn das nachvertragliche Wettbewerbsverbot stellt einen Eingriff in Ihr Grundrecht auf freie Berufswahl und Berufsausübung nach Art. 12 Grundgesetz (GG) dar.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach Kündigung
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf einer wirksamen Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Vereinbarung kann im Arbeitsvertrag, in einer gesonderten Vereinbarung oder auch in einem Aufhebungsvertrag geregelt werden. Einseitig kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht eingeführt werden. Dabei ist es unerheblich, ob der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber gekündigt hat.
Wann ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam?
Damit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot rechtswirksam ist, müssen bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen erfüllt sein.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot muss schriftlich vereinbart sein
Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot muss zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber schriftlich vereinbart sein, damit es wirksam ist. Es muss sich hierbei nicht zwingend um eine gesonderte Vereinbarung oder Urkunde handeln. Es reicht aus, wenn das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag vereinbart ist und Ihr Arbeitgeber Ihnen ein von ihm unterschriebenes Exemplar aushändigt.
Hinweis:
Wenn durch das Gesetz Schriftform vorgeschrieben ist, muss der Vertrag eigenhändig durch Namensunterschrift auf derselben Urkunde durch beide Parteien unterzeichnet werden. Es genügt aber auch, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Ausfertigung unterzeichnet (§ 126 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Vereinbarung in Textform, also z.B. per E-Mail oder ein Vertrag mit eingescannter Unterschrift, reicht nicht aus.
Ein Wettbewerbsverbot, das nicht schriftlich vereinbart wurde, ist nichtig.
Ferner ist erforderlich, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen die von ihm unterzeichnete Urkunde ausgehändigt hat (§ 74 Abs. 1 HGB). Wenn Ihnen der Vertrag über das Wettbewerbsverbot nicht ausgehändigt wurde, ist das Wettbewerbsverbot für Sie unverbindlich. Das heißt, Sie können entscheiden, ob Sie sich an das Wettbewerbsverbot halten wollen oder nicht (siehe unten Unverbindlichkeit).
Schriftform auch für Vorvertrag erforderlich
Manchmal kommt es vor, dass im Arbeitsvertrag nur eine Regelung enthalten ist, wonach Sie sich verpflichten, mit Ihrem Arbeitgeber (zu einem späteren Zeitpunkt) noch eine gesonderte Vereinbarung über ein Wettbewerbsverbot abzuschließen.
Damit ist noch kein wirksames Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Es handelt sich vielmehr um einen Vorvertrag. Ein solcher Vorvertrag ist aufgrund der Vertragsfreiheit auch bei Wettbewerbsverboten im Grundsatz zulässig. Es kann dafür ein berechtigtes Interessen bestehen, wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrages die künftige Entwicklung des Mitarbeiters, die Weiterentwicklung der schutzwerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit nicht hinreichend absehbar sind. Anderseits sind Sie als Arbeitnehmer einer erheblichen Unsicherheit ausgesetzt, wenn Sie nicht wissen, ob Sie im Anschluss an das Arbeitsverhältnis eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen dürfen.
Ebenso wie das nachvertragliche Wettbewerbsverbot selbst unterliegt auch der auf den späteren Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorvertrag der gesetzlichen Schriftform (BAG Urteil v. 14.7.2010 10 AZR 291/09). Durch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr kommt dem Formzwang vor allem eine Warnfunktion zu. Der Arbeitnehmer soll vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden. Auch der Vorvertrag, der der gesetzlichen Schriftform nicht entspricht, ist nicht lediglich unverbindlich, sondern gem. § 125 BGB nichtig (BAG Urteil v. 14.7.2010 10 AZR 291/09). Auf eine nichtige Vereinbarung können sich beide Vertragsparteien nicht berufen.
Die Schriftform ist gewahrt, wenn die Regelungen über das später abzuschließende nachvertragliche Wettbewerbsverbot als Anlage dem Arbeitsvertrag beigefügt werden (BAG Urteil v. 19.12.2018, 10 AZR 130/18; v. 14.7.2010, 10 AZR 291/09).
Tipp:
Die folgende Klausel im Arbeitsvertrag ist hingegen nicht hinreichend bestimmt:
„Der Mitarbeiter verpflichtet sich, auf Wunsch der Firma und solange dieser Anstellungsvertrag noch nicht gekündigt ist, ein Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, das den gesetzlichen Vorschriften entspricht.“
Auch wenn der Vorvertrag nicht die gleiche Vollständigkeit aufweisen muss, wie der Hauptvertrag, ist ein Vorvertrag nur dann bestimmt genug, wenn im Streitfall der Inhalt des Vertrages richterlich festgestellt werden kann, notfalls durch richterliche Vertragsergänzung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.02.2017, 5 Sa 425/16).
Wenn das Wettbewerbsverbot erst später gelten soll
Es ist zulässig, die Geltung des Wettbewerbsverbots erst für Zeiten nach der Probezeit zu vereinbaren (BAG, Urteil v. 27.04.1982, 3 AZR 814/79). Ebenso ist es zulässig zu vereinbaren, dass es in den ersten zwölf Monaten des Arbeitsverhältnisses nicht gilt (LAG Hamm, Urteil v. 23.03.2010, 14 SaGa 68/09).
Eine solche aufschiebende Bedingung muss aber im Arbeitsvertrag oder in der Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot ausdrücklich vereinbart und der Zeitpunkt der Geltung muss klar sein.
Arbeitgeber muss eine Karenzentschädigung zahlen
Das Wettbewerbsverbot ist nur wirksam, wenn sich Ihr Arbeitgeber verpflichtet hat, Ihnen für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von Ihnen zuletzt bezogenen vertraglichen Leistungen zu zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB). Mit dieser Karenzentschädigung erhalten Sie einen finanziellen Ausgleich dafür, dass Sie sich im Interesse Ihres Arbeitgebers dem Wettbewerb enthalten.
Ein Wettbewerbsverbot, das keine Karenzentschädigung vorsieht, ist insgesamt nichtig (BAG, Urteil v. 22.03.2017, 10 AZR 448/15; Urteil v. 28.6.2006, 10 AZR 407/05). Weder Sie noch Ihr Arbeitgeber können aus einer solchen nichtigen Abrede Rechte herleiten.
Verweis auf die Vorschriften §§ 74 ff. HGB reicht aus
Für die Vereinbarung einer Karenzentschädigung reicht es allerdings aus, wenn Ihr Arbeitgeber in einer Klausel zum Wettbewerbsverbot auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB verweist (BAG, Urteil v. 28.6.2006, 10 AZR 407/05). Im Zweifel liegt darin die Zusage einer Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe.
Höhe der Karenzentschädigung
Die Karenzentschädigung muss mindestens in Höhe der Hälfte Ihrer zuletzt vertragsgemäßen Leistungen gezahlt werden (§ 74 Abs. 2 HGB). Hinsichtlich der festen Vergütungsbestandteile kommt es allein auf den letzten Monatsbetrag bzw. den letzten Zeitraum, der der Gehaltsabrechnung zugrunde lag an. Hierbei zählen nicht nur das Grundgehalt, sondern auch Sachleistungen wie z.B. ein Dienstwagen, zu den vertragsgemäßen Leistungen. Wegen der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgegebenen Jahresbezogenheit sind bei festen Vergütungsbestandteilen die letzten Monatsbezüge als die zuletzt bezogen vertragsgemäßen Leistungen mit dem Faktor 12 zu multiplizieren. Dementsprechend findet eine Tariferhöhung im letzten Monat vor dem Ausscheiden bei der Berechnung der gesetzlichen Karenzentschädigung im vollen Umfang Berücksichtigung (LAG Hamm, Urteil v. 23.03.2010, 15 SaGa 68/09).
Sofern Sie auch Gratifikationen, Provisionen, Tantiemen, Umsatz- und Gewinnbeteiligungen, Boni und sonstige variable Sonderzahlungen erhalten, sind diese nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre in die Berechnung der Karenzentschädigung einzubeziehen (§ 74b Abs. 2 HGB).
Übt der Arbeitnehmer während der Dauer des Wettbewerbsverbots eine Erwerbstätigkeit aus, sind die hieraus erzielten Einkünfte auf die Karenzentschädigung anzurechnen.
Enthält das nachvertragliche Wettbewerbsverbot überhaupt keine Regelung zur Karenzentschädigung, ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot insgesamt nichtig.
Was bedeutet es, wenn es sich bei einem Wettbewerbsverbot nur um ein unverbindliches Verbot handelt?
Wettbewerbsverbote, die zwar schriftlich vereinbart wurden und dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Karenzentschädigung vorsehen, aber zuungunsten des Arbeitnehmers von den gesetzlichen Vorgaben abweichen, sind unverbindlich (BAG, Urteil v. 22.03.2017, 10 AZR 448/15).
Dies kann etwa sein, wenn nach den vertraglichen Regelungen die Karenzentschädigung nicht (eindeutig) die gesetzliche Mindesthöhe erreicht (BAG, Urteil v. 15.01.2014, 10 AZR 243/13).
Tipp:
Sehr häufig wird in den vertraglichen Regelungen gegen den gesetzlichen Wortlaut des § 74 Abs. 2 HGB verstoßen, indem als Berechnungsmaßstab nicht die „vertragsgemäßen Leistungen“ herangezogen werden. So wäre beispielsweise die Formulierung, wonach sich der Arbeitgeber zur Zahlung der „Hälfte des Gehalts“ verpflichtet, nicht ausreichend. Auch die Formulierung „Hälfte der Vergütung im Durchschnitt der letzten drei Jahre“ weicht von der gesetzlichen Regelung ab.
Darüber hinaus tritt die Unverbindlichkeit auch ein, wenn aus dem Wettbewerbsverbot selbst unklar bleibt, ob die gesetzliche Entschädigungshöhe erreicht wird. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer nämlich nicht bereits bei Abschluss des Wettbewerbsverbotes beurteilen, ob ihm eine Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zugesagt ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber die Höhe der Entschädigung in sein Ermessen stellt (BAG, Urteil v. 15.01.2014, 10 AZR 243/13).
Die gesetzliche Regelung des Wettbewerbsverbotes in den §§ 74 ff. HGB bezweckt, den Arbeitnehmer vor schwer durchschaubaren Vertragswerken zu schützen, in denen die Bedingtheit der von der Arbeitgeberentscheidung abhängigen Entschädigungszusage nicht zu erkennen ist (Urteil des BAG vom 05.09.1995 9 AZR 718/93). Der Arbeitnehmer soll bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass er im Unklaren gelassen wird. Damit vermeidbare Unklarheiten ausgeschlossen werden, obliegt es dem Arbeitgeber, insbesondere bei der formularmäßigen Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, den Arbeitnehmer eindeutig und unmissverständlich über die Folge über den vom Arbeitgeber vorbehaltenen Freigabeerklärungen oder Einschränkungen des Wettbewerbsverbotes aufzuklären. Ansonsten ist im Zweifelsfalle die Vereinbarung zu Lasten des Formularverwenders auszulegen (vgl. BAG vom 05.09.1995 9 AZR 718/93).
Ebenso kann die Karenzentschädigung nicht in gesetzlicher Höhe erreicht werden, wenn von den gesetzlichen Anrechnungsvorschriften zu Lasten des Arbeitnehmers abgewichen wird.
Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht
Ein insgesamt unverbindliches Wettbewerbsverbot bewirkt, dass Sie ein Wahlrecht haben:
- Sie können die zu geringe Entschädigung wählen und müssen sich dann auch an das Wettbewerbsverbot halten. In der gesetzlich vorgesehenen Höhe können Sie die Karenzentschädigung hingegen nicht beanspruchen.
- Sie können sich aber auch für die Nichteinhaltung des Wettbewerbsverbots entscheiden und erhalten dann auch keine Karenzentschädigung.
Wahlrecht rechtzeitig ausüben
Ihr Wahlrecht müssen Sie zu Beginn der Karenzzeit, also unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ausüben (BAG, Urteil v. 15.01.2014, 10 AZR 243/13). Dadurch soll verhindert werden, dass Sie Ihre Wahlentscheidung während der Karenzzeit ändern und je nach den Arbeitsmarktchancen abwechselnd Wettbewerb betreiben oder die Karenzentschädigung verlangen.
Das heißt, Sie müssen – am besten schriftlich – gegenüber Ihrem ehemaligen Arbeitgeber erklären, wofür Sie sich entscheiden. Entscheiden Sie sich dafür, an das Wettbewerbsverbot zu halten, entsteht der Anspruch auf die Karenzentschädigung automatisch mit der Wettbewerbsenthaltung.
Was bedeutet es, wenn ein nachvertagliches Wettbewerbsverbot teilweise unverbindlich ist?
Sofern eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe zugesagt wird, kann das Wettbewerbsverbot dennoch teilweise unverbindlich sein (§ 74a Abs. 1 HGB). Dies ist dann der Fall, wenn
- das Wettbewerbsverbot nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient (§ 74a Abs. 1 Satz 1 HGB)
- das Wettbewerbsverbot länger als 2 Jahre dauert (§ 74a Abs. 1 Satz 3 HGB)
- das Wettbewerbsverbot das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers unangemessen erschwert (§ 74a Abs. 1 Satz 2 HGB)
- das Wettbewerbsverbot räumlich oder sachlich unbegrenzt ist (§ 74a Abs. 1 Satz 1 HGB).
Berechtigtes Interesse des Arbeitgebers
Ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers ist nach der Rechtsprechung anzuerkennen, wenn das Wettbewerbsverbot entweder
- dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder
- den Einbruch in den Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll.
Die Reichweite des Verbots muss sowohl sachlich als auch örtlich und zeitlich von einem geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass das Wettbewerbsverbot nicht einem schutzwürdigen, berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers dient. Allerdings ist zunächst Ihr Arbeitgeber verpflichtet, die Gewährung eines berechtigten Interesses darzulegen (BAG, Urteil v. 01.08.1995, 9 AZR 884/93).
Bei leitenden Angestellten ist jedoch nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer Stellung und Funktion im Betrieb Kenntnis auch von solchen Tatsachen erhalten, die außerhalb ihres eigenen Arbeitsbereiches liegen (z.B. durch Abteilungsleiterbesprechungen). Deshalb sei bei leitenden Angestellten auch eine allgemein gefasste Konkurrenzklausel von einem berechtigten Arbeitgeberinteresse gedeckt (BAG, Urteil v. 16.12.1968, AP Nr. 21 zu § 133 f GewO).
Tipp:
Das bloße Interesse Ihres Arbeitgebers, Sie an das Unternehmen zu binden oder allgemein Konkurrenz zu verhindern, ohne dass die Gefahr der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen besteht, genügt hingegen nicht (vgl. BAG, Urteil v. 21.4.2010, 10 AZR 288/09). Insbesondere, wenn nur ein sehr kurzes Wettbewerbsverbot von 3 Monaten vereinbart wird, kann es an einem berechtigten geschäftlichen Interesse fehlen (ArbG Solingen, Urteil v. 20.06.2017, 3 Ca 153/17).
Fortkommenserschwerung
Das Wettbewerbsverbot darf örtlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschreiten und es muss den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügen.
Ob eine unbillige Fortkommenserschwerung vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen. Maßgeblich sind Ihr Alter, Ihre Stellung im Betrieb, die Höhe der Entschädigung, der Umfang des Wettbewerbsverbots und die Mobilität Ihrer jeweiligen Berufsgruppe (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Es besteht eine Wechselwirkung mit der vereinbarten Karenzentschädigung. Eine großzügige Entschädigung wird eine weitergehende örtliche, zeitliche und gegenständliche Einschränkung Ihrer Handlungsfreiheit rechtfertigen können (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
In örtlicher Hinsicht gilt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot grundsätzlich deutschlandweit, soweit nicht etwas anderes vereinbart wurde. Allerdings muss es Ihnen noch möglich sein, eine Tätigkeit im deutschen Sprachraum aufzunehmen. Das Wettbewerbsverbot darf nie den Charakter eines Berufsverbotes erlangen.
So hat das Arbeitsgericht Düsseldorf entschieden, dass einem Vertriebsmitarbeiter, der ein regional eindeutig beschränktes Vertriebsgebiet zu betreuen hatte, nicht die Vertriebstätigkeit in der gesamten Bundesrepublik für ein Konkurrenzunternehmen untersagt werden durfte (ArbG Düsseldorf, Urteil v. 13.06.2008, 13 Ga 47/08). Denn nur in dem räumlich beschränkten Vertriebsgebiet konnte der Mitarbeiter Kenntnisse über die Bestellungen der Kunden und über die Preiskalkulation sammeln und an das Konkurrenzunternehmen weitergeben.
Allerdings ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Mitarbeiter dem Unternehmen auch auf andere Weise als durch das Einbrechen in die Kundenbeziehungen, etwa durch Preisgabe langfristiger geheimer Vertriebsstrategien gefährlich sein kann. Sofern Sie Kenntnis über grundlegende Strukturen der Preisgestaltung (Preisuntergrenzen /Kalkulationsgrundlagen) haben, sind diese wesentlich dauerhafter als tägliche Marktpreise. Die hausinterne Kalkulation gilt bundesweit. Nach Auffassung des ArbG Heilbronn ist daher bei einem Außendienstmitarbeiter ein bundesweites Verbot von einem geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt (ArbG Heilbronn, Urteil 01.03.2017, 2 Ca 374/16).
In zeitlicher Hinsicht gibt das Gesetz (§ 74a Abs. 1 Satz 3 HGB) die Obergrenze von zwei Jahren vor. Für einen längeren Zeitraum als zwei Jahre darf Ihnen der Wettbewerb nicht untersagt werden.
In gegenständlicher Hinsicht darf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht dazu führen, dass jede Beschäftigung in Konkurrenzunternehmen verboten wird, obwohl den Interessen des Arbeitgeber ausreichend Rechnung getragen wäre, wenn nur eine der früheren Tätigkeit entsprechende Beschäftigung untersagt würde (BGH, Urteil v. 18.07.2005, II ZR 159/03).
Tipp:
Wettbewerbsverbotsklauseln sehen häufig vor, dass jede selbstständige wie unselbständige Tätigkeit für ein Wettbewerbsunternehmen verboten ist. Unter das Verbot fällt dann auch eine Tätigkeit z.B als Hausmeister, die keinen Bezug zu Ihrer bisherigen Tätigkeit hätte. Insofern muss ein Zusammenhang zwischen dem Inhalt und dem Umfang des Verbots und der bisherigen Funktion oder Tätigkeit des Arbeitnehmers bestehen (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Vertreibt der Arbeitgeber beispielsweise seine Produkte an den Fachhandel und unterhält keine direkten Beziehungen zu Endkunden, stellt die Vertriebstätigkeit auf einer anderen Handelsstufe gegenüber Endkunden keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit dar (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Was ist die Rechtsfolge eines zu weit gefassten Wettbewerbsverbots nach Kündigung?
Ein örtlich, zeitlich oder gegenständlich zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot ist gleichwohl wirksam. Es wird jedoch auf das erlaubte Maß zurückgeführt. Die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes in seinem unverbindlichen Teil tritt kraft Gesetzes ein; es findet eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion statt (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Das Wettbewerbsverbot bleibt also in dem Umfang wirksam, der dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses Ihres Arbeitgebers dient. Ihr Arbeitgeber kann also weiterhin verlangen, dass Sie eine Konkurrenztätigkeit unterlassen, soweit das Wettbewerbsverbot verbindlich ist und bei Verstößen auch weitere Ansprüche geltend machen.
Soweit das Wettbewerbsverbot unverbindlich ist, dürfen Sie tätig werden. Es liegt insoweit kein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vor.
Anders als bei dem insgesamt unverbindlichen Wettbewerbsverbot wegen zu niedriger Karenzentschädigung brauchen Sie bei einem teilweisen unverbindlichen Wettbewerbsverbot kein Wahlrecht ausüben. Es reicht aus, dass Sie sich an das Wettbewerbsverbot halten, soweit es verbindlich ist. Sie können dann auch die Karenzentschädigung von Ihrem Arbeitgeber verlangen (BAG, Urteil v. 21.04.2010, 10 AZR 288/09).
Fazit – Wettbewerbsverbot nach Kündigung
- Ein Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses besteht grundsätzlich kraft Gesetzes und verbietet Arbeitnehmern, in Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten.
- Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfällt dieses Verbot – es sei denn, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wurde schriftlich vereinbart.
- Damit ein solches nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam ist, muss es schriftlich vereinbart sein und der Arbeitgeber muss sich zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichten.
- Liegt kein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor, kann der Arbeitnehmer frei zur Konkurrenz wechseln oder sich selbstständig machen.
- Die Karenzenschädigung muss für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots mindestens die Hälfte der vertragsgemäßen Bezüge betragen. Beträgt die Karenzentschädigung weniger, ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unverbindlich. D.h., der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, ob er sich an das Wettbewerbsverbot halten will oder nicht.
- Ein örtlich, zeitlich oder gegenständlich zu weit gefasstes Wettbewerbsverbot ist gleichwohl wirksam. Es wird jedoch auf das erlaubte Maß zurückgeführt.
Wettbewerbsverbot nach Kündigung – Häufige Fragen und Antworten
Was gilt nach einer Kündigung und Freistellung während der Kündigungsfrist?
Bei einer unwiderruflichen Freistellung während des Laufs der Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer in der Regel davon ausgehen, in der Verwertung seiner Arbeitsleistung frei und nicht mehr an das vertragliche Wettbewerbsverbot (§ 60 HGB) gebunden zu sein. Denn der Arbeitnehmer kann auf Grund seiner beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten für den Arbeitgeber erkennbar oftmals einen Verdienst nur durch eine Tätigkeit erzielen, die im Wettbewerb zum Geschäftsfeld des Arbeitgebers steht. Wenn der Arbeitgeber gleichwohl durch die Freistellung den Annahmeverzug mit der Möglichkeit der Verdienstanrechnung herbeiführt, macht er deutlich, dass ihn Wettbewerbshandlungen des Arbeitnehmers in der Zeit der Freistellung nicht stören. Einen abweichenden Willen hat der Arbeitgeber in der Freistellungserklärung zum Ausdruck zu bringen.
Anders ist es hingegen zu beurteilen, wenn die Freistellungserklärung des Arbeitgebers dahingehend auszulegen ist, dass abweichend von § 615 Satz 2 BGB eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes nicht erfolgen soll. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer nicht annehmen, der Arbeitgeber habe auf die Einhaltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots verzichtet. Denn wenn der Arbeitgeber einen weiteren Verdienst nicht anrechnen will, kann er regelmäßig erwarten, der Arbeitnehmer erziele diesen Verdienst nicht durch Wettbewerbstätigkeit (BAG, Urteil vom 09.06.2006, 5 AZR 703/05).
Nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls kann die Auslegung der Freistellungserklärung des Arbeitgebers auch ergeben, dass dem Arbeitnehmer damit für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist Urlaub erteilt werden sollte (vgl. BAG 14. März 2006 – 9 AZR 11/05 -) . Legt der Arbeitgeber in der Freistellungserklärung die genaue zeitliche Lage des Urlaubs nicht fest, ist des Weiteren denkbar, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Festlegung der zeitlichen Lage der Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraums überlassen will und ihm im Übrigen den Abschluss eines Erlassvertrags iSv. § 397 BGB anbietet, durch den die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aufgehoben werden soll. Dieses Angebot kann der Arbeitnehmer nach § 151 BGB annehmen (BAG 19. März 2002 – 9 AZR 16/01 – EzA BGB § 615 Nr. 108; kritisch dazu Castendiek ZIP 2002, 2189). Eine Anrechnung eines etwaigen Zwischenverdienstes des Arbeitnehmers ist in diesen Fallgestaltungen ausgeschlossen.
Kann der Arbeitgeber verbieten, zur Konkurrenz zu gehen?
Ja, der Arbeitgeber kann unter bestimmten Voraussetzungen verbieten, dass ein Arbeitnehmer zur Konkurrenz geht. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses gilt das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB. Dieses untersagt es Arbeitnehmern, ihrem Arbeitgeber direkte oder indirekte Konkurrenz zu machen, etwa durch die Abwerbung von Kunden oder die Tätigkeit für ein konkurrierendes Unternehmen.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht jedoch grundsätzlich kein Wettbewerbsverbot mehr. Der Arbeitgeber kann dies nur durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot regeln, das schriftlich vereinbart sein muss. Nach § 74 HGB ist eine solche Vereinbarung nur wirksam, wenn sie die Schriftform einhält und dem Arbeitnehmer eine Urkunde mit allen Details, einschließlich einer Karenzentschädigung von mindestens 50 % der vertragsgemäßen Vergütung für jedes Jahr des vereinbarten Beschäftigungsverbots, ausgehändigt wird. Ohne diese Voraussetzungen ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam.
Wann ist ein Konkurrenzverbot ungültig?
Ein Konkurrenzverbot ist ungültig, wenn es unverhältnismäßig weit gefasst ist und einer unzulässigen Einschränkung der Berufsfreiheit gleichkommt. Es muss klar und angemessen hinsichtlich Ort, Zeit (maximal zwei Jahre nach Vertragsende gemäß § 74a Abs. 1 HGB) und Gegenstand begrenzt sein. Ein örtlich unbegrenztes Verbot oder eine zu allgemeine Einschränkung, die keine spezifischen Tätigkeitsbereiche definiert, gilt als unzulässig. Zudem ist ein Konkurrenzverbot ohne Karenzentschädigung oder ohne berechtigtes Interesse des Arbeitgebers unwirksam.