Ob im laufenden Arbeitsverhältnis oder nach dessen Beendigung: Das Wettbewerbsverbot spielt in der arbeitsrechtlichen Praxis eine zentrale Rolle. Es schützt die berechtigten Interessen des Arbeitgebers und setzt klare Grenzen für den beruflichen Handlungsspielraum von Arbeitnehmern. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, kann rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden – oder sie erfolgreich führen.
Inhaltsverzeichnis
Was versteht man unter einem Wettbewerbsverbot?
Der Begriff Wettbewerbsverbot bezeichnet eine vertraglich oder gesetzlich geregelte Einschränkung, die es einem Arbeitnehmer oder auch Unternehmer untersagt, in Konkurrenz zu seinem (ehemaligen) Arbeitgeber zu treten. Dabei wird zwischen dem vertraglichen Wettbewerbsverbot (während des Arbeitsverhältnisses) und dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses) unterschieden.
1. Vertragliches Wettbewerbsverbot – Regelung während des Arbeitsverhältnisses
Ein vertragliches Wettbewerbsverbot bedeutet: Ein Arbeitnehmer darf dem Arbeitgeber während des bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Konkurrenz machen. Es muss nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt werden. Bereits kraft Gesetzes gilt während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot. Grundlage ist § 60 Handelsgesetzbuch (HGB), der zwei Dinge verbietet:
- Der Arbeitnehmer darf kein eigenes Handelsgewerbe führen, wenn dieses mit dem Geschäft des Arbeitgebers konkurriert.
- Er darf im Handelszweig des Arbeitgebers keine Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung machen.
Was ist beim vertraglichen Wettbewerbsverbot eigentlich verboten?
- Selbstständigkeit in der gleichen Branche? Nur mit Einwilligung!
Ein Arbeitnehmer darf grundsätzlich kein eigenes Unternehmen gründen, wenn dieses in der gleichen Branche wie der Arbeitgeber tätig ist – es sei denn, der Arbeitgeber hat ausdrücklich zugestimmt. Dabei reicht es schon, wenn das neue Unternehmen im Handelsregister erkennbar in derselben Branche auftritt. Es kommt nicht darauf an, ob das neue Geschäft dem alten tatsächlich Kunden wegnimmt – schon das potenzielle Risiko genügt.
- Auch verdeckte Gründungen sind tabu
Nicht erlaubt ist es, ein Konkurrenzunternehmen unter dem Namen eines „Strohmanns“ zu betreiben. Ebenso wenig darf der Arbeitnehmer als persönlich haftender Gesellschafter in eine OHG oder KG eintreten oder sich als Geschäftsführer einer GmbH in einer konkurrierenden Firma betätigen – auch dann nicht als Gesellschafter, wenn er nur Kapital zur Verfügung stellt oder „still“ beteiligt ist.
- Konkurrenz ist auch ohne eigene Firma möglich
Das Verbot greift auch dann, wenn der Arbeitnehmer für einen Wettbewerber arbeitet – egal ob als Arbeitnehmer, in freiberuflicher Tätigkeit oder in sonstiger Tätigkeit. Entscheidend ist allein, ob die neue Tätigkeit mit dem Geschäft des Arbeitgebers kollidiert. Dabei ist es gleichgültig, wie erfolgreich oder intensiv diese Arbeit ist – schon das Ziel, geschäftlich aktiv zu werden, reicht aus.
- Erlaubt: Vorbereitung auf spätere Selbstständigkeit
Was allerdings erlaubt ist: Sich auf eine spätere Selbstständigkeit vorbereiten – solange keine aktuellen Interessen des Arbeitgebers verletzt werden. Dazu zählen z. B. das Führen von Gesprächen mit potenziellen Partnern oder Investoren, die Eintragung ins Handelsregister, das Anmieten von Räumen oder sogar die Gründung einer Gesellschaft – solange noch keine konkreten Kunden angesprochen oder Geschäftsgeheimnisse genutzt werden. - Nicht erlaubt ist es dagegen, zum Beispiel kurz vor dem Austritt ein „Verabschiedungsschreiben“ an die bisherigen Kunden zu schicken, in dem schon für die neue Tätigkeit geworben wird.
- Wann liegt keine Wettbewerbssituation vor?
Wenn sich ein Arbeitnehmer zwar in derselben Branche betätigt, dabei aber keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltet, die dem Arbeitgeber schaden können, liegt kein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vor. Entscheidend ist immer eine Gesamtbewertung der Umstände – unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Berufsfreiheit (Art. 12 GG).
- Kann das Wettbewerbsverbot erweitert werden?
Ja, durch vertragliche Regelung kann das Wettbewerbsverbot über das gesetzliche Maß hinaus ausgeweitet werden. Allerdings nur, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes geschäftliches Interesse daran hat – und nur so weit, wie es die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nicht unverhältnismäßig einschränkt.
- Was ist mit der Einwilligung des Arbeitgebers?
Hat der Arbeitgeber einer Tätigkeit zugestimmt, entfällt das Wettbewerbsverbot. Diese Einwilligung kann ausdrücklich, befristet, unter Bedingungen oder sogar stillschweigend erfolgen – zum Beispiel, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Tätigkeit hat und trotzdem nichts unternimmt. Sie kann aber auch widerrufen werden, wenn sich die Umstände ändern. - Besonderheit: Führt der Arbeitnehmer bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Gewerbe, und ist das dem Arbeitgeber bekannt, ohne dass dieser den Verzicht verlangt, wird die Einwilligung rechtlich vermutet – allerdings nur in Bezug auf das eigene Gewerbe, nicht für spätere Konkurrenzgeschäfte.
Checkliste: Was ist erlaubt, was nicht?
✅ Erlaubt | ❌ Verboten |
---|---|
Bewerbungsgespräche | Nebenjob bei der Konkurrenz |
Selbstständigkeit planen / Ideen für eigene Firma | Nutzung von Unterlagen / Daten des Arbeitgebers (z.B. Kundendaten, Businesspläne, Kalkulationen, Preislisten) |
Gründung einer Gesellschaft / Abschluss der Gesellschaftsvertrages / Eintragung im Handelsregister | Tätigkeiten der Gesellschaft nach außen |
Internetdomain /Webseite vorbereiten / Geschäftsräume anmieten | Werbung fürs eigene Business (Webseite) / Geschäftseröffnung |
Ideen für eigene Firma | |
Gespräche über berufliche Zukunft | Abwerben von Kunden oder Kollegen (z.B. durch Verabschiedungsschreiben, in dem auf zukünftige eigene Wettbewerbstätigkeit oder Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen hingewiesen wird) |
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Die Rechtslage ist komplex, die Folgen bei Verstößen erheblich. Deshalb gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Lassen Sie sich frühzeitig beraten – bevor aus einem Missverständnis ein Rechtsstreit wird.
Rechtliche Folgen bei Verstößen
Wer gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstößt, riskiert:
- Abmahnung oder fristlose Kündigung
- Schadensersatzforderungen
- Herausgabe des durch die Tätigkeit erzielten Gewinns
- Zahlung einer Vertragsstrafe
2. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Regelung nach Ende des Arbeitsverhältnisses
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfen Arbeitnehmer grundsätzlich in Konkurrenz zum früheren Arbeitgeber treten – es sei denn, es wurde ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (§ 74 HGB) beginnt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Gegensatz zum vertraglichen Wettbewerbsverbot ist es nicht gesetzlich vorgegeben, sondern muss ausdrücklich vereinbart werden.
Welche Regelungen gelten für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot?
Wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird, greift automatisch das Regelwerk der §§ 74 bis 75f Handelsgesetzbuch (HGB). Diese Vorschriften legen fest, was erlaubt ist – und was nicht. Hier ein Überblick, was das konkret bedeutet:
- Schriftform ist Pflicht: Das Wettbewerbsverbot muss schriftlich festgehalten sein. Außerdem muss der Arbeitnehmer ein Exemplar mit Originalunterschrift erhalten (§ 74 Abs. 2 HGB).
- Entschädigung gehört dazu: Ohne eine sogenannte Karenzentschädigung ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer mindestens 50% der zuletzt bezogenen Vergütung für die Dauer des Verbots zahlen (§ 74 Abs. 2 HGB).
- Berechnung der Entschädigung: Die Karenzentschädigung wird nach den Vorgaben des § 74b HGB berechnet.
- Anrechnung von Nebenverdienst: Hat der Arbeitnehmer in der Verbotszeit ein neues Einkommen, wird dieses auf die Entschädigung angerechnet – sofern beides zusammen 110 % (oder 125 % bei Umzug) des früheren Gehalts übersteigt (§ 74c Abs. 1 HGB).
- Auskunftspflicht des Arbeitnehmers: Der Arbeitnehmer muss dem früheren Arbeitgeber auf Nachfrage mitteilen, ob und was er verdient (§ 74c Abs. 2 HGB).
- Kein Verbot ohne berechtigtes Interesse: Dient das Wettbewerbsverbot nicht dem Schutz berechtigter geschäftlicher Interessen oder ist es für den Arbeitnehmer trotz Entschädigung unzumutbar, ist es ebenfalls unwirksam (§ 74a Abs. 1 HGB).
- Maximale Dauer: zwei Jahre: Länger darf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht gelten (§ 74a Abs. 1 HGB).
- Lossagungsrecht des Arbeitnehmers: Wird dem Arbeitnehmer betriebsbedingt oder aus ähnlichen Gründen ordentlich gekündigt, kann er sich innerhalb eines Monats vom Wettbewerbsverbot lossagen – es sei denn, der Arbeitgeber bietet ihm die Weiterzahlung des Gehalts an (§ 75 Abs. 2 HGB).
- Fristlose Kündigung kann das Verbot kippen: Bei fristloser Kündigung wegen Pflichtverletzung kann sich die kündigende Partei (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) binnen eines Monats schriftlich vom Wettbewerbsverbot lösen (§ 75 HGB).
- Verzicht vor
- Verzicht auf Wettbewerbsverbot: Der Arbeitgeber kann bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses einseitig auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichten – allerdings nur mit der Wirkung, dass er erst nach Ablauf eines Jahres von der Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigungfrei wird
- Vertragsstrafe möglich: In bestimmten Fällen darf eine Vertragsstrafe vereinbart werden (§ 75c HGB).
- Schutz des Arbeitnehmers ist zwingend: Alle Regelungen der §§ 74 bis 74c HGB dürfen nicht zulasten des Arbeitnehmers abgeändert werden (§ 75d HGB).
Zusätzlich ergibt sich aus § 75d HGB, dass auch von § 110 Gewerbeordnung nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf.
Kurz gesagt: Der Gesetzgeber stellt sicher, dass der Arbeitnehmer beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nicht benachteiligt wird – die Schutzvorschriften gelten zwingend.
Fehlt eine der Voraussetzungen, ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot entweder unverbindlich oder sogar nichtig – mit weitreichenden Folgen für beide Seiten.
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Das Thema ist komplex – und jede Klausel kann über Recht oder Unrecht entscheiden. Ob Sie als Arbeitgeber präventiv handeln oder sich als Arbeitnehmer absichern wollen:
Die Karenzentschädigung: Entschädigung für Wettbewerbsverzicht
Die wohl wichtigste Bedingung für ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot Arbeitnehmer ist die sogenannte Karenzentschädigung.
Was umfasst die Karenzentschädigung?
- Grundgehalt
- Provisionen
- Tantiemen
- Bonuszahlungen
- Sachleistungen wie Dienstwagen
Die Mindesthöhe ist gesetzlich geregelt (§ 74 Abs. 2 HGB): 50 % der zuletzt bezogenen Gesamtvergütung.
Unklare Formulierungen – wie z. B. „Hälfte des Gehalts“ oder „Durchschnitt der letzten Jahre“ – reichen nicht aus und machen das Verbot unverbindlich.
Folgen eines unwirksamen oder unverbindlichen Wettbewerbsverbots
Ein unverbindliches Wettbewerbsverbot gibt dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht:
- Einhaltung des Verbots → Entschädigung in vereinbarter (auch niedrigerer) Höhe
- Missachtung des Verbots → keine Karenzentschädigung
Ein nichtiges Wettbewerbsverbot entfaltet dagegen überhaupt keine Wirkung – weder zugunsten noch zulasten einer Partei. Auch ein Arbeitgeber kann sich dann nicht mehr auf die Klausel berufen.
Was passiert bei Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot?
Verstößt ein Arbeitnehmer gegen ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot, kann der Arbeitgeber:
- Unterlassung verlangen
- Vertragsstrafen geltend machen
- Schadensersatz fordern
- Bereits gezahlte Karenzentschädigung zurückverlangen
Besonders kritisch: Nicht nur der Anspruch auf Karenzentschädigung entfällt bei einem Verstoß ersatzlos, sondern darf die Konkurrenztätigkeit auch nicht fortsetzen für die Dauer des Verbotes – der Arbeitnehmer steht also ohne Absicherung da.
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Wie Arbeitgeber sich effektiv schützen können
Ein starkes Wettbewerbsverbot beginnt nicht erst bei der Kündigung – sondern bereits bei der Vertragsgestaltung.
Tipps für Arbeitgeber:
- Wettbewerbsklauseln prüfen und juristisch aufsetzen lassen
- Nebentätigkeiten regeln und dokumentieren
- Vertragsstrafen im Arbeitsvertrag regeln
- Zugänge zu sensiblen Daten beschränken
- Compliance-Schulungen regelmäßig anbieten
- Bei Verdacht: Beweise sichern und Fristen beachten
ACHTUNG: Kurze Verjährungsfrist. Arbeitgeber haben nur 3 Monate ab Kenntnis Zeit, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Für Arbeitnehmer: Ihre Rechte und Möglichkeiten
Arbeitnehmer sind nicht rechtlos – sie sollten ihre Rechte kennen und im Zweifel rechtlichen Rat einholen.
Handlungsempfehlung:
- Wettbewerbsverbot im Vertrag prüfen (z. B. Karenzentschädigung, Dauer, Tätigkeitsbeschreibung)
- Bei Unklarheiten: auf Wettbewerbsverbote spezialisierten Anwalt für Arbeitsrecht einschalten
- Vor der Gründung eines Unternehmens: juristische Beratung einholen
- Wahlrecht im Fall eines unverbindlichen Wettbewerbsverbots schriftlich ausüben
- Lossagung vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nach einer betriebsbedingten Kündigung: (Achtung: innerhalb 1 Monats nach Erhalt der Kündigung vom Arbeitgeber, Schriftform beachten!).
Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Ob Start-up, Mittelstand oder Konzern – der Schutz von Geschäftsgeheimnissen, Kundenbeziehungen und Marktanteilen ist unerlässlich. Für Arbeitnehmer geht es um ihre berufliche Zukunft und finanzielle Sicherheit.
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