Ihr Arbeitgeber fordert Sie auf, Ihr Weihnachtsgeld zurückzuzahlen bei Kündigung? Das müssen Sie nicht einfach hinnehmen! In vielen Fällen sind solche Rückzahlungsklauseln unwirksam. Wir erklären Ihnen, wann Sie Ihr Weihnachtsgeld behalten dürfen und wie Sie sich dagegen wehren können.
Inhaltsverzeichnis
Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung – Das sind Ihre Rechte
Viele Arbeitnehmer erhalten mit dem November- oder Dezembergehalt eine Sonderzahlung. Doch was passiert, wenn Sie das Unternehmen vor oder kurz nach der Auszahlung verlassen? Müssen Sie das Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung? Die Antwort hängt von der vertraglichen Regelung und dem Zweck der Sonderzahlung ab.
Drei Arten von Weihnachtsgeld
Ob Sie das Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung müssen, hängt von dem Zweck der Sonderzahlung ab. Arbeitsrechtlich unterscheidet man drei Formen von Weihnachtsgeld:
- Weihnachtsgeld als Treueprämie – Dieses belohnt ausschließlich die Betriebstreue und kann an einen Stichtag geknüpft sein.
- Weihnachtsgeld mit Entgeltcharakter – Es dient als zusätzliches Gehalt für bereits erbrachte Arbeitsleistung (z.B. 13 Gehalt).
- Weihnachtsgeld mit Mischcharakter – Eine Kombination aus Treueprämie und Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung.
Von dieser Zuordnung zu einer dieser Kategorien hängt es ab, ob und unter welchen Bedingungen Sie das Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung müssen oder anteilig erhalten.
Ob der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten oder sonstige Zwecke verfolgen will, ist durch Auslegung der vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln.
Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung?
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Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung?
1. Weihnachtsgeld als Belohnung der Betriebstreue
Sonderzuwendungen können als Treueprämie die Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen (vgl. BAG, Urteil v. 05.07.2011, 1 AZR 94/10). Die Zahlung solcher Sonderzuwendungen hängt nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses ab.
Wenn das Weihnachtsgeld als Treueprämie ausschließlich die Betriebstreue dient, kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag festlegen, dass er nur ausgezahlt wird, wenn das Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag besteht.
Ungekündigtes Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung (Stichtagsklausel)
Beispiel für eine solche Klausel:
Beispiel:
„Der Anspruch auf Gratifikation ist ausgeschlossen, wenn sich das Anstellungsverhältnis im Zeitpunkt der Auszahlung in gekündigtem Zustand befindet.“
Solche Klauseln sind grundsätzlich wirksam (BAG, Urteil v. 18.01.2012, 10 AZR 667/10). Das bedeutet, wenn Ihr Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag gekündigt wurde, haben Sie keinen Anspruch auf das Weihnachtsgeld, unabhängig davon, ob die Kündigung vom Arbeitgeber oder von Ihnen selbst ausging. Die Klausel ist selbst bei einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zulässig (BAG, Urteil v. 18.01.2012, 10 AZR 667/10).
Eine ähnliche Situation wurde im Fall einer Arbeitnehmerin behandelt, die kurz vor der Bekanntgabe des Weihnachtsgeldes ausschied. Obwohl ihr Arbeitgeber die Zahlung als Anerkennung für die vergangene Arbeitsleistung betrachtete, hatte sie keinen Anspruch, weil ihr Arbeitsverhältnis zum Stichtag nicht mehr bestand (BAG, Urteil v. 26.10.1994, 10 AZR 109/93).
Rückzahlung des Weihnachtsgeldes (Rückzahlungsklausel)
Mit der Sonderzahlung kann der Arbeitgeber auch die zukünftige Betriebstreue honorieren und die Zahlung des Weihnachtsgeldes davon abhängig machen, dass Sie über einen bestimmten Stichtag hinaus für das Unternehmen tätig bleiben. Mit einer Rückzahlungsklausel kann er im Arbeitsvertrag festlegen, dass Sie das Weihnachtsgeld bei Kündigung zurückzahlen müssen, falls Sie vor Ablauf einer bestimmten Frist aus dem Unternehmen ausscheiden (BAG, Urteil v. 21.05.2003, 10 AZR 390/02).
Die zulässige Bindungsfrist hängt von der Höhe des Weihnachtsgeldes ab:
Wie lange Sie nach Auszahlung des Weihnachtsgeldes noch gebunden sind, hängt von der Höhe des Weihnachtsgeldes ab. Eine Klausel zur Rückzahlung des Weihnachtsgeldes darf den Arbeitnehmer nicht in seiner durch Art 12 GG garantierten Berufsfreiheit behindern. Die Rechtsprechung hat daher Grenzwerte für die Dauer der zulässigen Bindung entwickelt, die von der Höhe des Weihnachtsgeldes abhängt. Es gelten folgende Regelungen:
- Bis 100 €: Ist keine Bindung zulässig.
- 100 Euro bis unter einem Monatsgehalt: Bindung bis zum 31. März des Folgejahres zulässig.
Tipp:
Häufig verwenden Arbeitgeber folgende Rückuzahlungsklausel im Arbeitsvertrag:
„Sollte der Arbeitnehmer bis zum 31.03 des jeweils folgenden Jahres aus den Diensten der Firma ausscheiden, so ist er verpflichtet, die Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen.“
Eine solche Rückzahlungsklausel ist unwirksam, denn sie hat eine Bindung über den 31. März hinaus zur Folge. Die Frist „bis zum 31.03.“ endet mit Ablauf dieses Tages. Wird eine Kündigung zum 31.03. ausgesprochen, führt dies zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf dieses Tages. Sieht die Rückzahlungsklausel in diesem Fall die Rückzahlung des Weihnachtsgeldes auch bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers am 31. März oder später vor, ist sie unwirksam. Nur ein Ausscheiden vor dem 31. März begründet die Rückzahlungsverpflichtung (BAG, Urteil v. 09.06.1993, 10 AZR 529/92).
- Zwischen einem bis zwei Monatsgehälter: Bindung bis 30.06. des Folgejahres möglich, sofern mehrere Kündigungsmöglichkeiten bestehen (BAG, Urteil v. 27.10.1978, 5 AZR 754/77).
2. Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter (13. Monatsgehalt)
Ein Weihnachtsgeld, das allein als Entgelt für bereits erbrachte Arbeitsleistung gezahlt wird, ist nicht rückzahlbar. Dazu gehören:
- ein 13. Monatsgehalt
- ein Bonus aufgrund einer Zielvereinbarung
- ein Bonus für einen Unternehmenserfolg
Hier entsteht der Anspruch anteilig über das Jahr, sodass Sie eine Rückzahlungspflicht ausgeschlossen ist. Eine Sonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter liegt vor, wenn sie zum Beispiel wie das 13. Gehalt die erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergüten soll.
Die Sonderzahlung kann auch vom Erreichen persönlicher Ziele abhängen, z.B ein Bonus aufgrund einer Zielvereinbarung. Zweck einer solchen erfolgsabhängigen Vergütung ist die Leistungssteigerung des Arbeitnehmers. Sie soll ein besonderer Anreiz sein, um im Rahmen von Zielvereinbarungen erreichte Ziele zu vergüten. Die erfolgsabhängige Vergütung schuldet der Arbeitgeber als unmittelbare Gegenleistung für die entsprechend der Zielvereinbarung erbrachten Arbeitsleistung (BAG, Urteil v. 18.01.2012, 10 AZR 612/10).
Auch ein Bonus, der nur an den Unternehmenserfolg anknüpft, wird regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung gezahlt (BAG. Urteil v. 12.04.2011, 1 AZR 412/09).
Bei einem vorzeitigen Ausscheiden ist die Sonderzahlung immer anteilig für das Jahr zu zahlen. Ein solcher Anspruch kann nicht von dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden. Ist das Weihnachtsgeld somit ein 13. Monatsgehalt, müssen Sie es bei Kündigung nicht zurückzahlen.
3. Sonderzahlung mit Mischcharakter
Schließlich kann das Weihnachtsgeld den Zweck haben, sowohl Ihre Betriebstreue als auch geleistete Arbeit zu honorieren. Man spricht dann von einer Sonderzahlung mit Michschcharakter. Die Feststellung, dass auch die bisherige Arbeitsleistung vergütet werden soll, ergibt sich meist aus einer Klausel im Arbeitsvertrag, wonach die Sonderzahlung für Zeiten ohne Arbeitsleistung gemindert, im Ein- oder Austrittsjahr anteilig gezahlt wird oder sich die Höhe nach dem Erreichen persönlicher oder Unternehmensziele ausrichtet.
Die Zahlung eines Weihnachtsgeldes mit einem solchen Michcharakter kann nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag abhängig gemacht werden (BAG, Urteil v. 13.11.2013, 10 AZR 848/12). In diesem Fall müssen Sie das Weihnachtsgeld bei einer Kündigung auch nicht zurückzahlen, wenn Sie vor oder zum 31.03. des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.
Beispiel:
Ein Verlag zahlte jährlich mit dem Novembergehalt eine Weihnachtsgratifikation. Im Herbst sandte er an seine Mitarbeiter ein Schreiben, in dem es hieß: „Die Zahlung erfolge an Verlagsangehörige, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis“ befänden. Ferner sollten die Mitarbeiter für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehaltes erhalten. Im Laufe des Jahres eintretende Mitarbeiter erhielten das Weihnachtsgeld anteilig.
Ein Controller, dessen Arbeitsverhältnis zum 30.09.2010 endete, klagte gegen den Verlag und machte das anteilige Weihnachtsgeld für 9 Monate geltend. Das Bundesarbeitsgericht gab dem Controller Recht. Die Weihnachtsgratifikation soll einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, dient aber zugleich der Vergütung der im Laufe des Jahres geleisteten Arbeit. Denn der Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation wurde nach den Richtlinien des Verlages monatlich anteilig erworben. In derartigen Fällen sind Stichtagsregelungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Die Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, weil sie ihm bereits erarbeiteten Lohn entzieht.
4. Rückzahlungsklausel im Tarifvertrag
Rückzahlungsklauseln in Tarifverträgen unterliegen anderen Regeln als individuelle Arbeitsverträge. Das Bundesarbeitsgericht hat zu einer tarifvertraglichen Sonderzahlung mit Mischcharakter, die also auch Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistung darstellt, entschieden, dass diese vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht werden kann (BAG, Urteil v. 12.12.2012, 10 AZR 718/11).
Beispiel § 20 TVöD-AT:
„Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.“
Die Klausel ist wirksam. Sie schränkt insbesondere die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG nicht unverhältnismäßig ein. Arbeitnehmer, die dem Tarifvertrag unterliegen und vor dem Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, erhalten keine Sonderzahlung.
Auch die Stichtagsklausel im Tarifvertrag für die Bediensteten der nichtbundeseigenen Eisenbahnen und von Kraftverkehrsbetrieben (ETV) über die Zahlung einer Sonderzuwendung ist wirksam (BAG, Urteil v. 27.06.2018, 10 AZR 290/17):
Beispiel ETV- TV:
„Bedienstete erhalten in jedem Kalenderjahr eine Sonderzuwendung, wenn sie nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheiden.“
Tarifverträge sind von einer AGB-Kontrolle ausgeschlossen (§ 310 Abs.4 Satz 1 BGB). Die von der Rechtsprechung oben dargestellten Grundsätze gelten für Tarifverträge nicht. Tarifverträge stehen insoweit Rechtsvorschriften gleich. Sie dürfen nur nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Allerdings haben die Tarifvertragsparteien einen größeren Gestaltungsspielraum. Die Sonderzuwendungen des Arbeitgebers und ihre Voraussetzungen müssen im Zusammenhang mit den Vergütungstarifen gesehen werden. Ein Vorteil im Entgeltsystem kann ein Zugeständnis im Bereich der Gratifikation erforderlich machen. Klauseln, die sonst im Arbeitsvertrag unzulässig sind, können daher in einem Tarifvertrag wirksam sein (BAG, Urteil v. 27.06.2018, 10 AZR 290/17).
Fazit: Müssen Sie Ihre Weihnachtsgeld zurückzahlen bei Kündigung?
Ob Sie das Weihnachtsgeld bei Kündigung zurückzahlen müssen, hängt von der Art der Sonderzahlung und den spezifischen vertraglichen Regelungen ab. Lassen Sie Ihre Rückzahlungsklausel von einem spezialisierten Anwalt für Arbeitsrecht prüfen!
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