Übernahme der Fortbildungskosten durch Arbeitgeber: Ein Arbeitnehmer kann im Fortbildungsvertrag zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichtet werden, wenn er das Unternehmen verlässt. Doch nicht immer sind die Rückzahlungsklauseln im Fortbildungsvertrag wirksam. Worauf es ankommt, erfahren Sie hier:
- Grundsätzlich ist es zulässig, mit dem Arbeitnehmer in einem Fortbildungsvertrag die Rückzahlung von Fortbildungskosten zu vereinbaren, wenn der Arbeitnehmer innerhalb bestimmter Fristen aus dem Unternehmen ausscheidet.
- Die Vorteile der Fortbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
- Die Höhe der Fortbildungskosten, die von dem Arbeitnehmer zurückzuzahlen sind, müssen im Fortbildungsvertrag genau aufgeschlüsselt sein. Außerdem müssen sich die Kosten nach dem Ende der Fortbildung ratierlich mindern.
- Eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Fortbildungskosten ist nur möglich, wenn die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht von dem Arbeitnehmer zu vertreten ist.
- Da es hier keine gesetzliche Grundlage gibt, gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip: Ist auch nur ein Teil der Rückzahlungsklausel in dem Fortbildungsvertrag rechtsunwirksam, muss der Arbeitnehmer gar nichts zurückzahlen. Der Arbeitgeber bleibt dann auf den übernommen Kosten sitzen.
Übernahme der Fortbildungskosten durch den Arbeitgeber
Für die eigene Karriere ist es als Fach- oder Führungskraft unerlässlich sich ständig fortzubilden, denn Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten sind Ihr Kapital. Je besser Sie qualifiziert sind, desto besser können Sie sich auf dem Arbeitsmarkt behaupten. Doch gerade bei hochwertigen, über mehrere Monate fortdauernden Fortbildungsprogrammen oder Studiengängen können die Fortbildungskosten ganz erheblich sein.
Da kommt das Angebot des Arbeitgebers, die Fortbildungskosten zu übernehmen oder sich daran zu beteiligen, sehr gelegen. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass Ihr Arbeitgeber die Kosten nur übernimmt, weil auch er sich etwas davon verspricht. In einem immer stärker werdenden Wettbewerb hat er ein erhebliches Interessen daran, hochqualifizierte Mitarbeiter zu beschäftigen. Verständlich, dass er sich dann absichern und und Sie längere Zeit binden will, um von den erworbenen Know-how profitieren zu können.
Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel
Grundlage ist dann meist der Abschluss einer Fortbildungsvereinbarung mit einer Rückzahlungsklausel. Danach verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Übernahme der Fortbildungskosten. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitnehmer, für eine gewisse Dauer nach Beendigung der Fortbildung im Unternehmen zu bleiben. Scheidet er vorher aus dem Unternehmen aus, muss er die Fortbildungskosten ganz oder teilweise an Ihren Arbeitgeber zurückzuzahlen.
Ohne eine solche Rückzahlungsvereinbarung sind Sie zur Rückzahlung der Fortbildungskosten nicht verpflichtet. Die Rückzahlungsvereinbarung muss vor dem Beginn der Fortbildung geschlossen werden.
Tipp von Sebastian Trabhardt, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht
Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel nicht immer wirksam: auf das Kleingedruckte kommt es an
Eine Vereinbarung, wonach Sie sich zur Rückzahlung der Fortbildungskosten verpflichten, wenn Sie das Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden, ist grundsätzlich zulässig. Sie darf Ihr berufliches Fortkommen aber nicht unbillig erschweren. Eine entsprechende Vereinbarung über die Rückzahlung der Fortbildungskosten muss daher einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber gewährleisten. Dabei müssen folgende Grundsätze berücksichtigt werden:
1. Geldwerter Vorteil
Eine Rückzahlungsklausel in einem Fortbildungsvertrag ist nur möglich, wenn dem Arbeitnehmer durch die Fort- oder Weiterbildung ein geldwerter Vorteil zufließt (BAG, Urteil v. 05.06.2007, 9 AZR 604/06). Ein solcher Vorteil liegt vor, wenn Sie durch die Fortbildung z.B eine höhere Vergütung erhalten oder sich dadurch Ihre beruflichen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Sie müssen Ihre neu erworbenen Kenntnisse also auch auch außerhalb Ihres derzeitigen Arbeitsverhältnisses nutzen können.
2. Bindungsdauer
Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in eine angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch anhand der Qualität der erworbenen Qualifikation zu beurteilen (BAG, Urteil v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07). So kann im Einzelfall auch bei kürzerer Fortbildung eine verhältnismäßig lange Bindung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile bringt.
Dabei hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt:
Bei einer Fortbildungsdauer ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung (Freistellung) unter Fortzahlung der Bezüge ist eine Bindung zulässig:
Dauer der Fortbildung | Bindungsdauer | Urteil |
---|---|---|
ein Monat | sechs Monate | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 |
bis zu 2 Monaten | 1 Jahr | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 15.12.1983, 5 AZR 279/93 |
3 bis 4 Monate | 2 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 06.09.1995, 5 AZR 241/94 |
6 bis 12 Monate | 3 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 11.04.1984, 5 AZR 430/82 |
mehr als 2 Jahre | 5 Jahre | BAG, Urteil v. 19.01.2011, 3 AZR 621/08 BAG, Urteil v. 19.06.1974, 5 AZR 299/73 |
Es handelt sich hier nur um Richtwerte, die je nach Qualität und Kosten der Ausbildung im Einzelfall auch abweichen können. Dabei kommt es für die Fortbildungsdauer darauf an, ob Ihr Arbeitgeber Sie für die Fortbildung unter Fortzahlung der Vergütung freistellt, oder ob Sie die Fortbildung nebenberuflich in Ihrer Freizeit absolvieren. Besteht die Ausbildung aus mehreren Unterrichtsabschnitten, so sind die dazwischenliegenden Zeiten bei der Berechnung der Dauer nicht mit zu berücksichtigen (BAG, Urteil v. 6.9.1995, 5 AZR 241/94).
Eine unangemessen lange Bindung führt zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel insgesamt (BAG, Urteil v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07).
3. Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Klausel muss danach unterscheiden, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers zuzuordnen ist (BAG, Urteil v. 11.4.2006, 9 AZR 610/05). So ist eine Klausel unwirksam, wonach Sie die vom Arbeitgeber getragenen Fortbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen müssen (BAG, Urteil v. 05.06.2007, 9 AZR 604/06).
4. Rückzahlung der Fortbildungskosten bei Nichtbeendigung der Fortbildung
Ebenso ist eine Vereinbarung grundsätzlich zulässig, wonach der Arbeitnehmer bei Nichtbeendigung der Fortbildungsmaßnahme, die Fortbildungskosten an den Arbeitgeber zurückzahlen muss. Allerdings ist es nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe zu betrachten. So müssen die Fälle ausdrücklich ausgenommen sein, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht im Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers liegen (BAG, Urteil v. 25.04.2023, 9 AZR 187/22).
5. Staffelung des Rückzahlungsbetrages
Der Rückzahlungsbetrag muss sich zudem zeitanteilig zur jeweiligen zulässigen Bindungsdauer reduzieren (BAG, Urteil 23.04.1986, 5 AZR 159/85). Sie müssen durch Ihre eigene Betriebstreue Einfluss auf die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung nehmen können. Dies kann nach der bisherigen Rechtsprechung in jährlichen, quartalsweisen oder monatlichen Zeitabschnitten erfolgen. Das LAG Hamm vertritt sogar die Auffassung, dass die Klausel nur dann wirksam ist, wenn die Rückzahlungsverpflichtung nach Monatsschritten gestaffelt ist (LAG Hamm, Urteil v. 09.03.2012, 7 Sa 1500/11).
Alles-oder-Nichts-Prinzip
Hält sich die Rückzahlungsklausel nicht an die von der Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätze, ist die Klausel insgesamt unwirksam. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Klausel kommt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht, etwa, wenn die Aufteilung der Klausel in einen wirksamen und in einen unwirksamen Teil möglich ist.
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