Warum Sie sich als Führungskraft gegen den Entzug von Personalverantwortung wehren sollten.
Die fachliche oder disziplinarische Personalverantwortung gehört zum Kernbereich einer Führungsposition. Häufig erfolgt aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen eine Versetzung auf eine andere Position mit weniger Personalverantwortung. Ebenso erlebe ich es in meiner Praxis als Anwalt immer wieder, dass in Ungnade gefallenen Führungskräften gezielt Aufgaben und Führungsverantwortung entzogen werden, um sie schließlich selbst zur einer Eigenkündigung zu bewegen.
Entzug von Personalverantwortung ist unzulässig
Ein solcher Entzug von Personalverantwortung und Führungsaufgaben ist unzulässig. Erst kürzlich gab das Landesarbeitsgericht Hamburg einer Verwaltungsleiterin einer Grundstücksverwaltungsgesellschaft Recht, deren Aufgaben und Personalverantwortung durch eine Weisung entzogen wurden. Der in Ungnade gefallenen Führungskraft wurden u.a.
- die Betreuung der Gesamtfirmenbuchhaltung
- die Betreuung finanzieller Angelegenheiten bestimmter Objekte einschließlich der Darlehensverwaltung
- Personalangelegenheiten
entzogen. Gleichzeitig wurde ihre Prokura widerrufen und ihr Gehalt um monatlich 1.000,00 Euro gekürzt. Schließlich wurde ihr durch eine Umorganisation auch die Personalverantwortung für bestimmte Mitarbeiter entzogen.
Versetzungsklausel
In dem Arbeitsvertrag der Verwaltungsleiterin befand sich die häufig anzutreffenden Versetzungsklausel:
Der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmerin entsprechend ihren Leistungen und Fähigkeiten mit einer anderen im Interesse des Arbeitgebers liegenden Aufgabe betrauen.
Beispiel einer Versetzungsklausel
Damit hatte sich der Arbeitgeber zwar sein Direktionsrecht (§ 106 GewO) wirksam erweitert. Die Klausel berechtigt ihn aber nicht zum ersatzlosen Entzug von Aufgaben und zu einer geringwertigeren Beschäftigung der Verwaltungsleitern, so die Hamburger Richter. Durch den ersatzlosen Entzug hat die Beklagte einseitig in das Austauschverhältnis der Parteien eingegriffen. Dies ist von der Direktionsrechtserweiterung nicht gedeckt. Um der Verwaltungsleiterin die Aufgaben zu entziehen, wäre vielmehr der rechtswirksame Ausspruch einer Änderungskündigung erforderlich.
Die Prokura durfte der Arbeitgeber zwar wirksam widerrufen. Der Widerruf hat ihm aber nicht das Recht gegeben, in den vertraglich vereinbarten Aufgabenumfang einzugreifen. Dies gilt auch für Aufgaben, die gleichzeitig mit der Prokura übertragen worden sind.
Ebenso war der ersatzlose Entzug der Personalverantwortung unwirksam. Diese Position konnte der Arbeitgeber nicht durch einseitige Organisationsmaßnahmen entziehen. Denn der Verlust der Vorgesetztenposition hat zu einer niedrigeren Stellung der Verwaltungsleiterin in der Betriebshierarchie geführt.
(LAG Hamburg, Urteil vom 23.10.2013, 6 Sa 29/13)
Tipp
Arbeitgeber verlangen von ihren Mitarbeitern oft größtmögliche Flexibilität, wenn es um den Arbeitsplatz geht. Und als Führungskraft werden Sie sicher auch von sich behaupten flexibel und anpassungsfähig zu sein.
Doch Vorsicht. Eine Änderung im Arbeitsvertrag oder bereits eine Änderung des Aufgabenbereichs kann auch der Anfang vom Ende des Arbeitsverhältnisses bedeuten. Denn häufig steckt die Absicht dahinter, dass Sie sich nach einem neuen Job umsehen und schließlich von selbst kündigen sollen. Arbeitgeber gehen diesen Weg, da sie genau wissen, dass sie kaum etwas für eine Kündigung in Hand haben. Hat Ihr Arbeitgeber keine Gründe für eine Kündigung, kann es für ihn teuer werden. Eine Trennung ist dann zu Recht nur gegen Zahlung einer hohen Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages möglich. Billiger ist es, Sie durch fragwürdige Methoden selbst zum Gehen zu bewegen.
Die Beschneidung von Kompetenzen vollzieht sich nicht selten schleichend, ohne dass Sie dies auf dem ersten Blick erkennen (Schleichende Entleitung). Bevor Sie daher eine neue Aufgabe annehmen oder einer Versetzung in eine andere Abteilung zustimmen, sollten Sie genau prüfen, ob die neue Position mit ihrer bisherigen gleichwertig ist. Geringwertigere Aufgaben oder einen Entzug von Personalverantwortung brauchen und sollten Sie nicht akzeptieren. Nicht selten ist auch die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag unwirksam, so dass Ihnen Ihr Arbeitgeber noch nicht einmal andere Aufgaben zuweisen darf.