Was tun bei einer Kündigung in der Schwangerschaft? Eine Kündigung in der Schwangerschaft ist sicherlich ein Schock für Sie. Doch ich kann Sie beruhigen. Während der Schwangerschaft und danach besteht ein besonderer Kündigungsschutz. Sie müssen daher nicht befürchten, Ihren Job während der Schwangerschaft zu verlieren. Es sind aber einige Punkte, die Sie wissen und beachten müssen.
Kündigungsverbot während und nach der Schwangerschaft
Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und nach der Entbindung bis zum Ende der Mutterschutzfrist, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten ist unzulässig (§ 17 Mutterschutzgesetz).
Das Kündigungsverbot gilt für jede Art der Kündigung vom Arbeitgeber, also für:
- eine ordentliche Kündigung (betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte)
- einer Kündigung während der Probezeit (LAG Hamm, Urteil v. 7.2.1979, 14 Sa 1457/78; LAG Düsseldorf, Urteil v. 30.09.1992, 11 Sa 1049/92)
- bei einer Kündigung vor Dienstantritt (BAG, Urteil 27.02.2020, 2 AZR 498/19)
- einer außerordentliche Kündigung, ohne dass es auf ein etwaiges Fehlverhalten von Ihnen ankommt (AG Frankfurt a.M., Urteil v. 23.4.2002, 4 Ca 7321/01)
- einer Änderungskündigung
Kündigungsschutz während der Schwangerschaft
Für den Kündigungsschutz während der Schwangerschaft kommt es auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an. In dem Zeitpunkt, zu dem Sie die Kündigung erhalten haben, müssen Sie bereits schwanger gewesen sein. Dabei muss die Schwangerschaft objektiv bestehen. Der Beginn der Schwangerschaft wird grundsätzlich so berechnet, indem von dem im ärztlichen Attest festgestellten Entbindungstermin 280 Tage zurückgerechnet werden. Der voraussichtliche Entbindungstermin ist dabei nicht mitzurechnen. Ist Ihre Schwangerschaft erst nach Zugang der Kündigung eingetreten, greift der besondere Kündigungsschutz für Schwangere hingegen nicht. Ihr Arbeitgeber muss aber weiterhin den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz beachten.
Arbeitgeber muss von der Schwangerschaft Kenntnis haben
Voraussetzung für den besonderen Kündigungsschutz während der Schwangerschaft ist, dass Ihr Arbeitgeber von Ihrer Schwangerschaft gewusst hat. Dabei kommt es auf die Kenntnis des Inhabers, des Geschäftsführers oder eines anderen Vertreters mit Personalkompetenz an. Wenn Sie Ihren Arbeitgeber oder die Personalabteilung vor Ausspruch der Kündigung über die Schwangerschaft informiert haben, reicht dies aus. Ihr Arbeitgeber muss sichere Kenntnis von Ihrer Schwangerschaft haben. Er ist weder verpflichtet, eigene Nachforschungen anzustellen, noch kann ihm eine fahrlässige Unkenntnis zur Last gelegt werden. Sie können sich daher nicht darauf berufen, dass er Ihre Schwangerschaft doch hätte wissen oder erahnen können.
Nachträgliche Mitteilung der Schwangerschaft
Da Sie im Arbeitsverhältnis jedoch nicht verpflichtet sind, Ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitzuteilen, kann es passieren, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigt, ohne zu wissen, dass Sie schwanger sind. In diesem Fall können Sie ihm noch innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung über Ihre Schwangerschaft informieren.
Widerspruch gegen die Kündigung brauchen Sie wegen der Schwangerschaft nicht ausdrücklich zu erheben. Aus der nachträglichen Mitteilung der Schwangerschaft an Ihren Arbeitgeber muss sich aber ergeben, dass Sie schon bei Zugang der Kündigung schwanger waren. Am besten fügen Sie gleich ein ärztliches Attest über die bestehende Schwangerschaft bei. Das Attest können Sie aber auch noch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist nachreichen.
Für die Mitteilung der Schwangerschaft ist keine besondere Form vorgesehen. Damit reicht es aus, wenn Sie Ihren Arbeitgeber mündlich, z.B. in einem Telefongespräch über Ihre Schwangerschaft informieren. Aus Beweisgründen sollten Sie Ihren Arbeitgeber aber besser per E-Mail oder Fax über Ihre Schwangerschaft informieren. Bitten Sie ihn, den Erhalt Ihres Schreibens kurz zu bestätigen. Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, können Sie Ihr Schreiben auch persönlich oder durch einen Boten bei Ihrem Arbeitgeber abgeben.
Rechtsanwalt für Arbeitsrecht Sebastian Trabhardt
Schwangerschaft nach der Kündigung festgestellt
Wenn Sie Ihre Schwangerschaft selbst erst nach Erhalt der Kündigung festgestellt haben, führt dies nicht zwangsläufig zum Verlust des besonderen Kündigungsschutzes während der Schwangerschaft. Bei eigener Unkenntnis von der Schwangerschaft müssen Sie die Mitteilung an Ihren Arbeitgeber von der Schwangerschaft unverzüglich nachholen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Sie Ihre Schwangerschaft erst erst kurz vor Ablauf oder nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist festgestellt haben (BAG, Urteil v.26.09.2002, 2 AZR 392/01). Bei der späteren Feststellung der Schwangerschaft kommt es darauf an, ob die Schwangerschaft objektiv bei Zugang der Kündigung bereits bestand. Auch hierfür ist das ärztliche Attest maßgeblich. Sollten Sie aber bereits Anhaltspunkte für eine bestehende Schwangerschaft haben (z.B. weil die Periode ausgeblieben ist oder aufgrund eines positiven Schwangerschaftstests) sollten Sie Ihren Arbeitgeber unverzüglich über Ihre Schwangerschaft informieren. Das ärztliche Attest können Sie dann noch nachreichen.
„Unverzüglich“ heißt ohne schuldhaftes Zögern. Sie müssen Ihren Arbeitgeber damit nicht sofort informieren. Sie können sich zunächst von einem spezialisierten Anwalt für Arbeitsrecht beraten lassen. Von der Rechtsprechung wird Ihnen daher eine gewisse Überlegungszeit eingeräumt. Ein Zeitraum von einer Woche wird dabei noch als ausreichend für ein unverzügliches Nachholen der Mitteilung der Schwangerschaft angesehen (BAG, Urteil v.26.09.2002, 2 AZR 392/01).
Das gleiche gilt, wenn Sie aus anderen Gründen die Zwei-Wochen-Frist unverschuldet versäumt haben, etwa weil Sie sich im Krankenhaus (BAG, Urteil v. 31.10.1985, 2 AZR 578/84) oder im Urlaub befanden (BAG, Urteil v. 13.6.1996, 2 AZR 736/95). Auch dann können und sollten Sie Ihren Arbeitgeber innerhalb einer Woche darüber informieren, dass Sie bei Zugang der Kündigung schwanger waren.
Kündigungsschutzklage erheben
Es reicht nicht aus, wenn Sie Ihren Arbeitgeber darüber informiert haben, dass Sie bei Zugang der Kündigung schwanger waren. Zusätzlich müssen Sie noch eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben, mit der die Unwirksamkeit der Kündigung in der Schwangerschaft festgestellt wird.
Achtung: Kurze Klagefrist
Die Kündigungsschutzklage müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung einreichen. Versäumen Sie die Frist, gilt die Kündigung von Anfang an als rechtswirksam.
Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage
Nun kann es vorkommen, dass Sie selbst erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist von Ihrer Schwangerschaft Kenntnis erhalten haben. Selbst dann ist das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen. Sie können dann immer noch die Kündigungsschutzklage erheben. Gleichzeitig müssen Sie einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage beim Arbeitsgericht stellen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Dem Antrag ist ein ärztliches Attest über die Schwangerschaft zur Glaubhaftmachung beizufügen. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Schwangerschaft eingereicht werden. Nach Ablauf von sechs Monaten nach Zugang der Kündigung ist es zu spät. Dann ist ein Zulassungsantrag nicht mehr möglich. Die Kündigung gilt dann in jedem Fall als wirksam.
Wenn Sie kurz vor Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist Ihre Schwangerschaft festgestellt haben, haben Sie hingegen keine zwei Wochen Zeit. Nach der Rechtsprechung wird Ihnen dann nur eine kurze Überlegungsfrist von drei Werktagen zugebilligt, um die Kündigungsschutzklage und den Antrag auf nachträgliche Zulassung einzureichen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 13.05.2008, 3 Ta 56/08). Hierbei zählt der Samstag als Werktag mit. Nach meiner Auffassung ist die Frist von drei Werktagen jedoch zu kurz bemessen. Das Bundesarbeitsgericht hat bei der nachträglichen Mitteilung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber noch einen Zeitraum von einer Woche als ausreichend angesehen. Gleiches muss hier auch für die nachträgliche Zulassung der Klage gelten. Dies folgt aus Art. 6 Abs. 4 GG, der den bindenden Auftrag an den Gesetzgeber enthält, jeder Mutter Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft angedeihen zu lassen (BVerfG, Beschluss v. 13. November 1979, 1 BvL 24/77). Hiernach kann es keinen erheblichen Unterschied machen, ob die Frau erst einen Tag nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist oder kurz vor dem Ablauf dieser Frist von ihrer Schwangerschaft erfährt und dann schuldlos an einer rechtzeitigen Klageerhebung gehindert ist.
AUSNAHME: Zulassung der Kündigung durch Aufsichtsbehörde
In besonderen Ausnahmefällen kann Ihr Arbeitgeber bei der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde beantragen, dass die Kündigung in der Schwangerschaft für zulässig erklärt wird. Die Zustimmung muss vor Ausspruch der Kündigung vorliegen. Hat Ihr Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen, bevor die Zustimmung der Behörde vorlag, ist die Kündigung unwirksam. Sie kann nachträglich nicht mehr durch die Behörde genehmigt werden.
Die Behörde kann (muss aber nicht) der beabsichtigten Kündigung in der Schwangerschaft zustimmen, wenn ein besonderer Fall vorliegt. Dies ist aber nur in bestimmten Ausnahmesituationen der Fall, etwa bei einer von Ihnen begangenen Straftat, einem schweren Verstoß gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten oder einer Stilllegung des Betriebes.
Stimmt die Behörde der Kündigung zu, ist die Kündigungssperre des Mutterschutzgesetzes aufgehoben. Ihr Arbeitgeber kann Ihnen nun trotz Schwangerschaft kündigen. Die Kündigung muss Ihr Arbeitgeber schriftlich erklären. Zudem muss er in dem Kündigungsschreiben auch den genauen Kündigungsgrund angeben. Dabei hängt es vom Einzelfall ab, wie genau die Kündigungsgründe auszuführen sind. Sie müssen jedenfalls so genau sein, dass Sie klar erkennen können, was gemeint ist und was Ihnen – im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung – zur Last gelegt wird. Sie müssen sich darüber klar werden können, ob Sie die Kündigung anerkennen oder dagegen vorgehen wollen (BAG, Urteil v. 25.08.1977, 3 AZR 705/77). An den genannten Kündigungsgrund ist Ihr Arbeitgeber dann in einem Kündigungsschutzprozess gebunden. Er kann sich nachträglich nicht auf andere Gründe für die Kündigung stützen. Enthält die schriftliche Kündigung keine Gründe, ist die Kündigung unwirksam. In diesem Fall müssen Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben, um die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen
Sollte die Aufsichtsbehörde die Kündigung für zulässig erklärt haben, bedeutet dies jedoch noch nicht, dass die Kündigung vom Arbeitgeber tatsächlich auch wirksam ist. Über die Rechtmäßigkeit der Kündigung in der Schwangerschaft entscheidet allein das Arbeitsgericht. Auch in diesem Fall sollten Sie durch einen spezialisierten Rechtsanwalt die Kündigung in der Schwangerschaft prüfen lassen.