Was passiert mit dem Dienstwagen während der Elternzeit und des Mutterschutzes?
Häufig dürfen Fach- und Führungskräfte einen Dienstwagen auch privat nutzen. Doch was passiert mit dem Dienstwagen während der Elternzeit und des Mutterschutzes? Darf der Arbeitgeber den Dienstwagen während der Mutterschutzfrist und der Elternzeit heraus verlangen?
Dienstwagen ist Teil der Arbeitsvergütung
Die Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil und Sachbezug dar. Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienstwagens wird in der Regel nach der 1%-Methode (1% vom Listenpreis des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung) versteuert. Die private Nutzung des Dienstwagens stellt damit einen Teil der Arbeitsvergütung dar und ist eine Gegenleistung des Arbeitgebers für die geschuldete Arbeitsleistung. Damit ist die Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung nur solange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss (BAG, Urteil vom 11.10.2000, 5 AZR 240/99).
Dienstwagen während der Elternzeit
Mit dem Beginn der Elternzeit kann Ihr Arbeitgeber den Dienstwagen heraus verlangen und muss dafür auch keine Entschädigung zahlen. Denn während der Elternzeit ruhen die beiderseitigen Pflichten. Sie brauchen nicht zu arbeiten und Ihr Arbeitgeber schuldet Ihnen kein Arbeitsentgelt. Damit schuldet er Ihnen auch nicht mehr die Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung.
Gleichwohl können Sie mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren, dass Sie den Dienstwagen während der Elternzeit weiter privat nutzen dürfen. Dies erscheint auf dem ersten Blick attraktiv, wenn Sie nur wenige Monate während der Elternzeit ganz aussetzen und dann in Teilzeit während der Elternzeit weiterarbeiten. Während der Teilzeit muss Ihnen der Dienstwagen ohnehin weiter zur privaten Nutzung überlassen werden.
Dienstwagen bei Bezug von Elterngeld
Doch Vorsicht! Da die weitere private Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens während der Elternzeit Arbeitsentgelt darstellt, ist der dadurch gewährte geldwerte Vorteil bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Das Einkommen, das Sie während des Bezuges von Elterngeld erzielen, wird auf das Elterngeld angerechnet. Sie erhalten das Basiseleterngeld (den entsprechenden Prozentsatz) nur auf Ihr weggefallenes Einkommen, also auf die Differenz zwischen Ihrem Einkommen vor der Geburt und dem voraussichtlichen durchschnittlichen Einkommen aus der Teilzeitarbeit nach der Geburt.
Das Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz geht dabei von dem Durchschnittseinkommen aus, das Sie nach der Geburt in dem Bezugszeitraum des Elterngeldes verdienen.
Beginnen Sie mit der Teilzeitarbeit nicht gleich nach der Geburt, sondern erst einige Monate später, werden die Lebensmonate, in denen Sie gar kein Einkommen haben, bei der Berechnung des Durchschnittseinkommens nicht mitgezählt. Für diese Monate bekommen Sie das volle Elterngeld. Maßgebend ist aber das Einkommen in den einzelnen Lebensmonaten des Kindes (nicht Kalendermonate), so dass das im Kalendermonat gezahlte Einkommen auf die jeweiligen Lebensmonate taggenau umzurechnen ist.
Nachteilig wirkt sich die Berechnung des Durchschnittseinkommens aus, wenn Sie in den ersten Lebensmonaten zwar nicht arbeiten, gleichwohl aber den vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwagen während des Elterngeldbezuges weiterhin privat nutzen dürfen. Die private Nutzungsmöglichkeit des Dienstwagens zählt zum nachgeburtlichen Einkommen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 22.01.2013, L 11 EG 1721/12). Nun wird das Elterngeld nicht nur auf die Differenz zwischen dem Einkommen vor der Geburt und dem erzielten Einkommen (geldwerter Vorteil für private Nutzung des Dienstwagens) errechnet. Vielmehr wird der Durchschnittsverdienst ermittelt, indem der geldwerte Vorteil mit dem weiteren Einkommen, das Sie während des Elterngeldbezuges verdienen, zusammengerechnet und durch die Zahl der Lebensmonate mit Einkommen geteilt wird. Dadurch wird für die Berechnung des Elterngeldes in den ersten Lebensmonaten, in denen Sie aufgrund der Elternzeit nicht gearbeitet haben, aber den Dienstwagen weiter nutzen konnten, das so erzielte (höhere) durchschnittliche Monatseinkommen zu Grunde gelegt. Das Elterngeld fällt dementsprechend wesentlich geringer aus.
Aus diesem Grund sollten Sie überlegen, ob es nicht wirtschaftlich sinnvoller ist, den Dienstwagen während des Bezuges von Elterngeld, an den Arbeitgeber zurückzugeben, wenn Sie gar nicht arbeiten.
Dienstwagen während des Mutterschutzes
Anders sieht es hingegen während des Mutterschutzes aus. Während der Mutterschutzfristen (6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt) und während eines Beschäftigungsverbotes muss Ihr Arbeitgeber den Dienstwagen weiterhin zur privaten Nutzung zur Verfügung stellen. Das Bundesarbeitsgericht hat klar gestellt, dass der Dienstwagen während der Mutterschutzfristen weiter zu gewähren ist (BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 240/99). Der Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftschaftsgeld kann sich aus einem Geldbetrag und aus einem Sachbezug mit einem bestimmen Wert zusammensetzen.
Das Mutterschaftsgeld und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ersetzen die Arbeitsvergütung, die während der Schutzfristen ausfällt (BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 240/99). Bei der Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld mit einem Dienstwagen machen Arbeitgeber jedoch immer wieder Fehler. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 MuSchG berechnet sich der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung. Der geldwerte Vorteil für den Dienstwagen ist bei der Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsentgeltes zu berücksichtigen. Denn zum durchschnittlichen Arbeitsentgelt rechnet jede geldwerte Gegenleistung des Arbeitgebers für die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch die Arbeitnehmerin im Berechnungszeitraum (BAG, Urteil v. 14.12.2011, 5 AZR 439/10).
Beispiel für eine Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld mit Dienstwagen
Durchschnittliches monatliches Bruttogehalt | 3.000,00 € |
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1% geldwerter Vorteil Dienstwagen | 360,00 € |
Gesamtbrutto | 3.360,00 € |
./. Lohnsteuer | – 486,25 € |
./. Sozialversicherungsbeiträge | – 672,84 € |
Gesetzliches Nettogehalt | 2.200,91 € |
Abzug geldwerter Vorteil Dienstwagen | – 360,00 € |
Auszahlungsbetrag | 1.840,91 € |
Berechnung Zuschuss zum Mutterschaftsgeld | In Euro |
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Kalendertägliches Netto (2.200,91 € x 3 Monate = 6.602,73 € : 90 Tage) | 73,36 € |
Mutterschaftsgeld Krankenkasse | – 13,00 € |
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (kalendertäglich) | 60,36 € |
Anrechnung des weitergewährten Dienstwagens als Sachbezugswert (360,00 € : 30 Tage) | – 12,00 € |
(Bar-)Zuschuss zum Mutterschaftsgeld | 48,36 € |
Der Arbeitgeber zahlt somit einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von kalendertäglich 48,36 €. Im Monat sind dies – je nachdem, ob der Monat 30 oder 31 Kalendertage hat, 1.450,80 € bzw. 1.499,16 €. Der Dienstwagen wird als Sachbezug weiter gewährt. Von Ihrer Krankenkassen erhalten Sie das Mutterschaftsgeld von kalendertäglich 13 €. Insgesamt stehen Ihnen somit 1.840,00 € im Monat zur Verfügung, was Ihrem ausbezahltem Nettogehalt entspricht.
Etwas komplizierter wird die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld, wenn Sie für den Dienstwagen eine Eigenleistung (z.B. anteilige oder volle Leasinggebühren) zahlen. Dann wird der geldwerte Vorteil für den Dienstwagen durch den Eigenanteil an der Leasingrate gemindert. Übersteigt das Nutzungsentgelt den geldwerten Vorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten (BFH, Urteil v. 30.11.2016, VI R 49/14). Der geldwerte Vorteil wird dann auf 0,0 € gemindert. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld berechnet sich in diesem Fall ohne Berücksichtigung des geldwerten Vorteils für die private Nutzung des Dienstwagens. Der Sachbezug wird dann auch nicht vom Nettogehalt und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld abgezogen. Allerdings müssen Sie die Leasingrate auch während der Mutterschutzfristen weiter zahlen.
Widerrufsklausel im Dienstwagenvertrag
Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn im Arbeitsvertrag oder in der Dienstwagenvereinbarung eine Widerrufsklausel vereinbart wurde, wonach sich der Arbeitgeber vorbehalten hat, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Dienstwagen für dienstliche Zwecke von dem Arbeitnehmer nicht mehr benötigt wird.
Eine solche Klausel ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts wirksam (BAG, Urteil v. 21.03.2012, 5 AZR 651/10). Durch den Mutterschutz (Beschäftigungsverbot) muss keine Arbeitsleistung mehr erbracht werden. Dienstfahrten mit dem Dienstwagen entfallen.
Ihr Arbeitgeber ist dann berechtigt, den Dienstwagen während des Mutterschutzes von Ihnen heraus zu verlangen. Er muss Ihnen auch keine Entschädigung für den Entzug der privaten Nutzung zahlen.
Allerdings muss der Widerruf der Privatnutzung billigem Ermessen entsprechen. Das heißt, Ihr Arbeitgeber muss im jeweiligen Einzelfall auch immer Ihre private Situation berücksichtigen. So muss Ihr Arbeitgeber Ihnen eine gewisse Auslauffrist gewähren, damit Sie sich gegebenenfalls um ein Ersatzfahrzeug kümmern können, wenn der Dienstwagen Ihr einziger Pkw ist. Es bedarf dann schon eines konkreten, dringenden betrieblichen Interesses, wenn er den Dienstwagen sofort zurück verlangt. Ebenso ist die steuererrechtliche Lage zu berücksichtigen. Sofern Sie mit Ihrem Arbeitgeber die 1%-Regelung vereinbart haben, muss er die Pauschalsteuer immer für den vollen Kalendermonat abführen. Es handelt sich um Monatswerte, die auch dann anzusetzen sind, wenn der Dienstwagen dem Arbeitnehmer im Kalendermonat nur zeitweise zur Verfügung steht. Eine Kürzung der Werte ist nicht zulässig (Lohnsteuer-Richtlinien R 8.1. zu § 8 Abs. 2 EStG).
Damit würde der Entzug des Dienstwagens im Laufe eines Kalendermonats nicht nur zu einem Nutzungsausfall, sondern auch zu einer spürbaren Minderung Ihres Einkommens führen. Daher darf Ihr Arbeitgeber den Dienstwagen – sofern keine besonderen dienstlichen Interessen die sofortige Rückgabe rechtfertigen – nur zum Ende eines Kalendermonats zurückverlangen.
Verlangt Ihr Arbeitgeber den Dienstwagen ohne eine Auslauffrist mitten im Kalendermonat heraus, macht er sich schadensersatzpflichtig. Sie können dann für Tage der entgangenen Nutzung des Dienstwagens eine Entschädigung verlangen. Diese berechnet sich ebenfalls nach dem steuerrechtlichen Wert der privaten Nutzung, also 1% des Listenpreises. Den Dienstwagen trotz Aufforderung des Arbeitgebers hingegen einfach nicht zurück zugeben, könnte gefährlich werden. Sollten Sie tatsächlich kein Recht zum Besitz mehr haben, verhalten Sie sich vertragswidrig und riskieren möglicherweise eine fristlose Kündigung. Sicherer ist es, den Dienstwagen an den Arbeitgeber zurückzugeben und ihn dann auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Noch besser ist es natürlich, Sie reden noch einmal mit ihrem Arbeitgeber und verständigen sich. Damit Sie in Ruhe Ihren Mutterschutz genießen und sich auf Ihr Kind freuen können. Da lohnt sich meist der Ärger nicht.
Tipp von Sebastian Trabhardt, Anwalt für Arbeitsrecht
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