Für einen Hafenarbeiter, der im Hamburger Hafen im Schichtdienst arbeitet, konnten wir seinen Anspruch auf Teilzeit vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg erneut durchsetzen. Die EUROGATE Container Terminal Hamburg GmbH muss unserem Mandanten die begehrte Verteilung seiner Arbeitszeit an vier Tagen in der Woche von Montag bis Donnerstag gewähren.
Anspruch auf Verteilung der Arbeitszeit im Schichtdienst?
Bei EUROGATE Container Terminal Hamburg werden an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr („24/7″) Schiffe abgefertigt. Aufgrund von tariflichen Regelungen wird von Montag bis Freitag in einem Drei-Schicht-System gearbeitet. Zudem müssen die Hafenarbeiter an 17 Samstagen und 13 Sonntagen im Jahr arbeiten.
Unser Mandant wollte nur vier Tage in der Woche arbeiten und den Freitag frei haben. Er stellte einen Antrag auf Teilzeit. Die tariflichen Pflichtwochenenden sollten sich dabei entsprechend seiner reduzierten Arbeitszeit ebenfalls um 20% reduzieren, so dass er rechnerisch nur noch 13,88 Samstage und 10,4 Sonntage im Jahr arbeiten muss.
EUROGATE lehnte die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit ab. Unser Mandant könne zwar an vier Tagen in der Woche arbeiten. Der freie Tag müsse aber Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag sein. Montag und Freitag sei der Personalbedarf am höchsten, weshalb er Freitags nicht frei bekommen könne. Zudem müsse er an allen Pflichtwochenenden arbeiten. Für die zusätzliche Wochenendarbeitszeit bekäme er einen Freizeitausgleich in der Woche.
Damit war unser Mandant nicht einverstanden und klagte seinen Anspruch auf Teilzeit mit der von ihm begehrten Verteilung der Arbeitszeit vor dem Arbeitsgericht Hamburg ein. Das Arbeitsgericht Hamburg verurteilte EUROGATE, dem Antrag auf Teilzeit unseres Mandanten zuzustimmen. Die Berufung von EUROGATE gegen das Urteil hatte vor dem LAG Hamburg keinen Erfolg.
LAG Hamburg: „Kein betrieblicher Grund gegen die gewünschte Teilzeit bei Schichtarbeit und Verteilung der Arbeitszeit.“
Das Landesarbeitsgericht Hamburg gab unserem Mandanten auch in zweiter Instanz Recht. Der beantragten Teilzeit mit einer Verteilung der Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag stehen keine betrieblichen Gründe entgegen.
Organisationskonzept von EUROGATE wird nicht beeinträchtigt
Die Hamburger Richter stellten zunächst fest, dass das betriebliche Organisationskonzept von EUROGATE durch die von dem Kläger gewünschte Verringerung der Arbeitszeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Denn das von EUROGATE als unabdingbar angesehene Konzept („Schichtarbeit 24/7“) könne umgesetzt werden. Dass der Kläger aufgrund der geringeren Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit insgesamt weniger arbeitet als seine Kolleginnen und Kollegen in Vollzeit ändert nichts daran, dass er auch mit der verringerten Arbeitszeit in den Schichten eingesetzt werden kann.
Anspruch auf bestimmte Verteilung der Arbeitszeit auch bei Schichtarbeit
Der Kläger kann auch von EUROGATE verlangen, dass seine Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Donnerstag gelegt wird.
Aus dem Vortrag von EUROGATE war ein erhöhter Personalbedarf an Freitagen nicht erkennbar. Auch an anderen Wochentagen kann EUROGATE den Fachkräftebedarf nicht – auch nicht durch Mitarbeiter der Gesamthafenbetriebsgesellschaft (GHB) – abdecken. Die personelle Unterdeckung ist ein generelles Problem.
EUROGATE konnte sich auch nicht darauf berufen, dass sie bereits 26 Mitarbeitern freitags einen freien Tag gewähre. Denn bei der Frage ob dem konkreten Wunsch nach einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit bei Teilzeit in Schichtarbeit betriebliche Gründe entgegenstehen, ist nur der einzelne Wunsch des Arbeitnehmers zu prüfen. Es geht um die von einem einzelnen Arbeitnehmer gewünschte Veränderung der Dauer und Lage der Arbeitszeit, nicht um eine generelle Änderung der betrieblichen Tätigkeit.
Arbeitgeber muss Personalbedarf konkret darlegen
Der Arbeitgeber muss vielmehr darlegen, welcher konkrete Personaleinsatz in der jeweiligen Schicht am Freitag regelmäßig benötigt wird und inwieweit der Wegfall eines Arbeitnehmers zu einer Beeinträchtigung von betrieblichen Abläufen führen würde, so das LAG Hamburg.
Teilzeitkräfte nicht auf dem Arbeitsmarkt gesucht
Zudem hat EUROGATE nicht vorgetragen, welche konkreten Anstrengungen sie unternommen hat, um entsprechende Teilzeitkräfte auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Hierzu muss sie auch vortragen, wann sie welche Anfrage bei der Agentur für Arbeit zur Personalvermittlung gestellt hat und wann diese von der Agentur für Arbeit abgelehnt worden ist.
Pflichtwochenenden sind anteilig zu kürzen
Schließlich stellte das LAG Hamburg fest, dass auch die Anzahl der Schichten an den tariflichen Pflichtwochenenden (Samstag und Sonntag) entsprechend der verkürzten Arbeitszeit des Klägers zu reduzieren sind. Der Tarifvertrag steht dem nicht entgegen.
LAG Hamburg, Urteil vom 29.11.2022, 4 Sa 29/22 – rechtskräftig